Auf dem Plan stand der Länderpunkt Andorra, also ab in den Lufthansabomber und auf nach Barcelona. Das Schicksal wollte es, dass mein Freund H von seinem Chemieriesen nach Barcelona versetzt wurde. H und seine Frau S schossen sich ein schönes Eigentor als sie Ping und mir anboten bei ihnen zu übernachten und uns sogar nach Andorra zu begleiten. Vor lauter Dankbarkeit habe ich direkt noch ein Spiel (am Vortag) in Spanien gebucht. In Girona spielte der Girona FC gegen RCD Espanyol Barcelona. Die beiden Städte liegen gerade einmal gute 100 km auseinander, dennoch trennen die beiden Vereine Welten. Die einen sind stolze Katalanen, die anderen Spanier im Herzen Kataloniens. Wir haben uns zu viert, mit H‘s Auto auf den Weg nach Girona gemacht. Das Hauptziel unserer Stadttour war das Castello d'Empuries über den Dächern Gironas. Der Blick über die Stadt ist wunderschön und der Weg zum Castello und wieder zurück ist auch nicht von schlechten Eltern. Die kleinen Gässchen mit den vielen kleinen Lädchen lassen Urlaubsfeeling aufkommen. Kein Urlaubsfeeling hatte eine Taube, die auf den Stufen des Castellos von einer wütenden Möwe zerhackt wurde. Bis dahin wussten wir nicht, das Tauben auf dem Speisezettel von Möwen stehen, also haben wir dem Schauspiel minutenlang zugeschaut. Die Möwe hackte mit so viel Hass auf die Taube ein, dass man hätte meinen können, es wäre etwas Persönliches gewesen. Ganz schön aufregend das Ganze. Nach dem biologischen Abenteuer haben wir die 4 Kilometer zum Estadi Montilivi, bei herrlichem Sonnenschein, zu Fuß zurückgelegt und dabei etwas Farbe bekommen.
Vor dem Stadion herrschte ein reges Treiben, ohne Fantrennung. Wir bewunderten die unfassbar große Paellapfanne, vor der sich eine lange Schlange gebildet hatte. Wenn man sich die Pfannendimension vor Augen führen möchte, muss man sich die Pril-Werbung mit Villariba und Villabajo anschauen, das Ding hatte sicher einen Durchmesser von 2,5 m - 3 m. Auch H und S ließen sich die Paella schmecken, Ping und ich haben uns um das Bier gekümmert. Die 16 € für 2 Bier und 2 Paella mit Scampi waren sicher nicht überzogen.
Etwa 10 Minuten vor Anpfiff haben wir die Sitzplätze hinter dem Tor, auf der Nordtribüne eingenommen. Trotz der Tatsache, dass wir auf einer Stahlrohrtribüne saßen, hatte das Stadion seinen Charme. Die Haupttribüne und die Gegengerade waren überdacht und man hatte von allen Plätzen eine gute Sicht auf das Spielfeld. Die Fans von Espanyol hatten das Kuchenstück, links unter uns, besetzt. Nun bin ich kein ausgemachter Spanienkenner, habe aber gelesen, dass es zwei Ultragruppen in Girona gibt. Die Ultras Girona, welche wohl eher in der rechten Ecke zu verorten sind, mit einer spanisch, nationalistischen Gesinnung und die Columma Supporters, die dem linken Spektrum zuzuordnen sind und eher eine katalanisch-separatistische Einstellung haben. Bei Espanyol gibt es die La Curva RCDE, die ebenfalls rechts und spanisch-nationalistisch geprägt sind und die unpolitischen Juvenil 1991.
Zu Beginn des Spiels war die Stimmung eher fröhlich ausgelassen. Mich stört in Spanien immer, dass die Lieder mit Herz begonnen werden und nach einer, maximal zwei, Wiederholungen ist wieder Schluss. Von der Heimkurve drang auch nicht allzu viel zu uns herüber. Da wir den Espanyol-Block besser im Blick hatten, war da schon mehr zu sehen, zumindest in Hälfte zwei. Mit 0:0 gings, ereignislos, in die Pause. Das Wetter war da noch das Beste. Zum Stadioncatering muss man keine Worte verlieren (Bier 0,0 %, Hot Dogs, Hamburger).
In der zweiten Halbzeit war dann schon mehr Pfeffer drin, Girona ging durch einen sehenswerten Treffer mit 1:0 in Führung und das, recht volle, Stadion feierte ausgelassen. Auch mit Häme gegenüber dem Gegner wurde nicht gegeizt. Nicht lange nach der Führung glich Espanyol aus und tat es den Hausherren gleich. Es wurden spanische Flagen mit Espanyol-Logo herausgeholt und exzessiv präsentiert. Das sorgte beim Sitzplatzvolk für Puls und so entstand die ein oder andere zünftige Pöbelei. Es folgte ein verwandelter Elfmeter für Girona und, zu allem Überfluss, noch eine rote Karte für die Gäste. Das war zu viel für die Espanyol-Fans. Besonders das schwarz gekleidete Fanvolk tat sich bei den folgenden Randalen (light) hervor. So wurde der Zaun zum Heimbereich angegriffen, die Ordner verjagt und allerlei Zeug über den Zaun geworfen. Den Girona-Fans in Zaunnähe wurde es dann doch zu bunt und sie stellten die Provokationen ein und verschwanden. Nach Abpfiff wurde die Mannschaft von Espanyol von ihren Fans bepöbelt und verjagt. Durch die Niederlage mischt man im Rennen gegen den Abstieg mit, während Girona im Niemandsland der Tabelle verweilt.
Untermalt vom mitreißenden Girona-Vereinslied, welches uns einen amtlichen Ohrwurm verpasste, stiegen wir die Treppen herunter und verließen Girona.
Zurück in Barcelona ließen wir den Abend mit Tapas, Peroni, Borghetti und dem deutschen Classico in einem Irish Pub ausklingen. Damit hatten unsere lieben Gastgeber den Auftakt gemeistert und ohne Schäden überstanden.
Adios, Serge.