Die letzten Kilometer auf der „Le Tour de Route der Industriekultur“ wurden in Angriff genommen und zunächst das am Vortag Versäumte nachgeholt: der Besuch der Zeche Ewald und der Halde Hoheward. Dies bedeutete auf den Weg nach Wattenscheid zwar einen Umweg, aber der Blick über das umliegende Ruhrgebiet war es allemal wert. Zumal es die Halde Hoheward auch schon zu extra3 geschafft hat.
E-Biker würden die Besteigung bzw. Befahrung der Halde mit einem normalen Rad aber wohl nicht schaffen. In einem Lustigen Taschenbuch gab es vor Jahrzehnten eine Geschichte, in der die Menschen in der Zukunft nur noch mit Elektromotoren unterstützten Sportgeräten Sport trieben. Nebenher bewegten sie sich gar nicht mehr, ließen alle schweren Arbeiten von Robotern machen und die Kühlschränke bestellten selbstständig das Essen. Was wurde aus den Menschen? Genau, sie wurden dick bis zum geht nicht mehr und konnten sich irgendwann ohne Maschinen nicht mehr wirklich fortbewegen. Damals hielt ich das ja noch für eine Utopie…..
Nach dem Cruisen auf der Halde wagte ich mich wieder auf verschlungene Radwege bis nach Wattenscheid (und die sind hier wirklich gut. Kilometerlanges freihändiges Radfahren ist möglich) an deren Ende ich zielsicher in die aktive Szene der Schwarz-Weißen fuhr. Da staunte ich nicht schlecht.
Das Rad am Stadion abgestellt und dem munteren Treiben eine Weile zugeschaut. Kurz vor Anpfiff dann rein und es für schade befunden, dass dieser Verein nicht etwas höher spielt. Da aber selbst Geld für die Jugendabteilung gesammelt wurde, stetig das Gespenst der Insolvenz über der Lohrheide kreist und auch der Zuschauerzuspruch nicht mehr so hoch ist wie vor Jahren, wird das auf absehbare Zeit wohl nichts werden. Löblich immerhin, dass sich eine, wenn auch kleine, Fanszene erhalten hat. Welche, zu meiner Überraschung, da ich es erst auf den Fotos sah, eine Freundschaft nach Würzburg zur Fanszene der Kickers unterhält. Das wusste ich bisher noch nicht. Ich lerne eben nie aus. Leider gab die Mannschaft auf Grund einer roten Karte und dem daraus resultierenden Elfmeter, welcher zum 1:2 für die Amateure der Borussia führte, das Spiel aus der Hand. Zwar machte die Mannschaft, ebenso wie die Fanszene mit der Stimme, bis zum Spielende ordentlich Druck, doch es sollte nicht reichen.
Entsprechend dem unschönen, drückenden Wetter zog sich das Spiel dann doch recht in die Länge. Doch der Ausblick auf das 18-Uhr-Spiel beim SC Pantringshof hielt mich am Leben. So war ich ganz froh, als der Abpfiff ertönte und ich mich wieder aufs Rad schwingen konnte, um dem müden Körper wieder ein wenig Leben einzuhauchen. Zwei Stunden hatte ich Puffer, eine Stunde war die Fahrtzeit angeben. So nahm ich mein Rad, trat in die Pedalen und…...wunderte mich, warum der Forderreifen so wenig Luft hatte. Erster Blick: nix zu sehen. Schnell aufgepumpt und ein paar Meter gefahren: Die Luft war wieder raus. Hatte ich zunächst die Wattenscheider und Würzburger in Verdacht, dass diese mir die Luft aus dem Reifen ließen, erübrigte sich der Gedanke schnell, als ich einen minimal kleinen Stein im Mantel stecken sah. Diesen entfernt, zischte mir sofort noch die restliche Luft entgegen. Nun war guter und vor allem schneller Rat teuer. Denn ein Telefon hatte ich zwar zur Hand, doch wenn der Anbieter gewechselt wird, die Gültigkeit der alten Sim-Karte zum 31.07. endet, und die der neuen zwar am 01.08. beginnt, die Sim-Karte aber in Dresden liegt, ist das irgendwie blöd. Also das Rad zunächst geschultert (zum Glück war das nicht meine eigene Hitsche mit Stahlrahmen, dafür aber mit unkaputtbar Reifen, sondern eine geborgte mit Alurahmen. Da hätte es mich bei der ersten Fahrt beim ersten Antritt fast auf die Straße gelegt, so erschrocken war ich, wie leicht das ging.) und gen Stadt gelaufen. Also wenn ich das hier Stadt nennen darf. Zum Glück ist in solchen Situationen auf mein Radar verlass und schon bald sah ich ein Kaufland, in welchem es so ziemlich alles gibt. Rein in die Butze, sofort zum Fahrradbereich und Flickzeug und Luftpumpe geholt. Mantel ab, Schlauch raus, geguckt wo der Stein war, Stelle gesichtet, Loch gefunden, Flicken drauf und aufgepumpt und schon ging es wieder weiter. Weiter gen Pantringshof mit erneuten Stopp am Lohrheidestadion. Denn hier war die Luft schon wieder aus dem Reifen raus. Also wieder von vorn. Mantel ab, Schlauch geprüft, kein weiteres Loch gefunden, zwei zusätzliche Flicken drauf und wieder aufgepumpt. Eine Proberunde gefahren und siehe da: da kam noch immer Luft raus. Also wieder von vorn. Diesmal mehr Zeit bei der Kontrolle gelassen, doch kein weiteres Loch gefunden. Zwischenzeitlich kam ein Rentnerehepaar vorbei, welches sich sogleich für mich und meine Situation interessierte: „Wat is? Keine Luft in dem Reifen?“ Kurzer Smalltalk, wo ich denn noch hin wollte usw. und schon bot mir der Herr an, dass er doch schnell nach Hause gehen und eine größere Luftpumpe holen könnte. An der lag es aber nicht und so pumpte er mit meiner den Schlauch auf und ich hörte gespannt, wo denn das zweite Loch sein könnte. Und fand es dann auch. Wieder einen Flicken drüber, den Reifen aufgepumpt und mich bei den Rentnern bedankt. Ein Blick auf die Uhr verhieß aber nichts gutes und so konnte ich das Spiel beim SC Pantringshof streichen. Kurz erschütterte ein Schrei die Grundfesten des Lohrheidestadions und dann war ich auch schon wieder auf dem Weg in die Unterkunft. Auf einem kurzen Weg. Denn nach nicht mal einem Kilometer war schon wieder die Luft raus. Und die Flicken alle. Die Halsschlagader….ach ihr kennt es ja. Kurz gesagt: Ich fuhr dann mit dem Rad bis zur Unterkunft und pumpte aller 800 bis 1.000 Meter den Vorderreifen auf. Da es einige Kilometer Weg waren, war ich auch dementsprechend oft am Pumpen. Von der Pein geplagt erreichte ich die Unterkunft und prüfte die Ansetzungen für den letzten Tag im Ruhrgebiet. Und was sah ich?: Zwei von drei Spielen waren abgesagt. Da stieß ich einen Urschrei aus, der auf der Cranger Kirmes mal kurz für Stille sorgte. Ich hätte platzen können. Demnach das Tagesprogramm für den nächsten Tag geändert, mit dem platten Reifen wäre eh nicht viel möglich gewesen und so sollte es mal wieder ein richtiger Gammeltag werden. (goju)