Grüezi liebe Stammleser und Freunde der seichten Unterhaltung.
Am Wochenende stand der schweizer Klassiker zwischen dem FC Basel und dem FC Zürich auf dem Plan. Wer sich ein bisschen mit dem schweizer Fußball beschäftigt, weiß welche Schwergewichte (nicht nur auf dem Platz) sich da gegenüberstanden. Auf der einen Seite der FCZ mit 13 Meisterschaften, 10 Cupsiegen und einem Ligapokal. Und auf der anderen Seite der FCB mit seinen 20 Meistertiteln, 13 Cupsiegen und ebenfalls einem Ligapokal. Auch mit Blick auf die Ränge versprach das Spiel ein echter Leckerbissen zu werden. Beide Vereine werden immer von einer großen Zahl an Anhängern begleitet, die immer wieder fantastischen Support abliefern. Im Vorfeld wurde, auf Seiten der Basler, ein wenig gegrantelt, weil für die Gäste ein weiterer Block freigegeben wurde. Die Heimseite hat es leider nicht geschafft, dass Joggeli komplett zu besetzen. Am Ende haben das Spiel 27.444 Zuschauer gesehen, von denen sicherlich 3.000+ aus dem 90 km entfernten Zürich kamen.
Für uns begann der Tag, am Sonntagmorgen um 10:00 Uhr. Mit dem den sie Jörgi nennen „fuhren“ Ping und ich nach Basel und parkierten (Schweizerdeutsch) das Fahrzeug, für läppische 14 Franken, am Kunstmuseum. Wir hatten einen Jetlag, weil wir so schnell unterwegs waren, dass wir in der Zeit zurückgereist sind. Bei den beiden vorangegangen Besuchen in Basel habe ich es nie geschafft, mir die Stadt anzuschauen. Dies konnte, durch die Ansetzung, um 16:30 Uhr, realisiert werden. Über die Wettsteinbrücke flanierten wir auf die, der Altstadt gegenüberliegende, Rheinseite. Von der Brücke aus hat man eine gute Sicht auf die mittlere Brücke und das Basler Münster. Dies für die Kulturfreunde unter uns.
Bei herrlichem Sonnenschein fand ein Kanurennen auf dem Rhein statt. Die Kanuten mussten einzeln gegen die Uhr fahren und mühten sich, beim Fahren gegen den Strom, sichtbar ab. Wir unterstützen die Athleten, in dem wir uns am Ufer mit Feldschlösschen bzw. Rivella zuschütteten. Nachdem die Kanuten ihre Arbeit getan hatten, wurde der Rhein für die Schwimmer freigegeben. Der gemeine Basler packte also seinen Kram in einen wasserdichten Beutel und ließ sich im Rhein treiben, um an einer anderen Stelle den Fluss wieder zu verlassen. Wenn man bedenkt, dass man im Rhein früher Filme entwickeln konnte, wurde in Sachen Umweltschutz hier ein gewaltiger Sprung nach vorn gemacht. Wir haben uns noch das Rathaus, welches aus rotem Sandstein besteht und 1514 fertiggestellt wurde, angeschaut. Jörgi bemerkte richtigerweise: „die ham och keene Bomben abgekriegt“, als wir uns über die Schönheit der Stadt unterhielten. Man merkt also, Nazigold schützt vor Bombardement.
Mit der Linie 14 fuhren wir die 4 km bis zum St. Jakob-Park. Auch hier kann man an Spieltagen die öffentlichen Verkehrsmittel kostenfrei nutzen. Wir hatten noch ein wenig Zeit und genossen das Treiben rund um das Stadion, flankiert von einem Paar Merguez und weiteren Feldschlösschen. Für die Merguez mussten 7,50 CHF berappt werden und unser Budget schmolz wie Schnee in der Sahara.
Das Joggeli betraten wir, wegen der ankommenden Züricher, auf Seiten der Muttenzerkurve. Ein Spruchband, welches vor dem Eingang aufgehängt wurde, bedeutete den Anhängern, dass Jeder, wegen einer Choreo, 15 Minuten vorher auf seinem Platz sein soll. Wir passierten die Scanner und wurden, wie immer in der Schweiz, nicht kontrolliert. Lediglich Ping musste kurz die Handtasche öffnen, hätte man sich, bei der Qualität der Kontrolle, aber auch schenken können. Eine Anmerkung dazu; hinter uns saß ein Typ mit einer Spiegelreflexkamera und einem 800 mm Teleobjektiv. Versucht mal damit in ein deutsches Stadion zu kommen. Das Objektiv kannst du nicht mal im Rektum verstecken. Die ankommenden Gäste machten mit Böllern auf sich aufmerksam. Da stellte sich bereits ein gewisses Kribbeln ein. Die Abwicklung der Gäste verläuft in Basel wie am Schnürchen. Der Zug kommt direkt hinter dem Stadion an, dann wird alles auf der Treppe zum Gästeblock gesammelt und, hinter Sichtschutz, in den Block getrieben. Überwacht wird das alles von jeder Menge Robocops die zum Teil mit den berüchtigten Gummischrotgewehren bewaffnet sind. Ein Ausbruch oder freidrehen scheint mir, ob der Gegebenheiten, nahezu unmöglich. Wir nahmen unsere Plätze ein und beobachteten das Treiben in den Blöcken. Bereits eine halbe Stunde vor Spielbeginn wurde gepöbelt, gesungen und organisierte Stimmung gemacht. Bei Anpfiff präsentierten die Züricher eine kleine Choreo mit den drei Buchstaben ihres Vereins (FCZ). In den Buchstaben konnten wir Spieler bzw. Szenen eines Fußballspiels erkennen. Genau einsehen konnten wir das Ganze nicht, weil wir auf derselben Seite wie die Gäste saßen. Hinzu kam noch eine Menge blauer Rauch, Kassenrollen und einige Fackeln. Sah gut aus, hat Spaß gemacht. Die Choreo der Basler bestand aus Papptafeln und Folienbahnen, die zusammen das FCB-Logo ergaben. Auch hier, gute Noten in der Umsetzung. Die Kulisse war sofort da. Beide Seiten lieferten sich ordentliche Gesangsduelle. Für uns war, wegen der Lage unserer Plätze, die Kurve der Züricher lauter vernehmbar, liegt in der Natur der Sache. Nachdem der FCB eine tausendprozentige Chance vergeben hatte (purer Slapstick) traf der FCZ, mit dem Halbzeitpfiff, zum vielumjubelten und mit Pyro garnierten 0:1. Kurz nach dem Seitenwechsel erhöhte der FCZ und für uns Fußballfachleute war damit die Messe gelesen. Der Züricher Torwart bekam kaum etwas zu tun. Wolf Fuß würde jetzt sagen, der Züricher Torwart hatte ein gutes Buch dabei. Aber wie so oft im Leben, sollten wir uns irren. In der 77. Minute wurde der Züricher Trainer, wegen Reklamierens, des Feldes verwiesen, die Basler waren fortan am Drücker. Ein direkter Freistoß aus 20 Metern sorgte für den Anschlusstreffer. Ein richtiges Traumtor war das. Sogar der adipöse Junge vor uns musste aufhören an seinem Baseltrikot herumzureißen und die Stuhllehne zu traktieren. Die Fans des FCZ sangen unbeirrt weiter. Zum Teil sangen sie sich in einen regelrechten Rausch und immer mal wieder gingen ein paar Fackeln an. Beim Liedgut war viel „alé“ dabei. Klang fast schon südamerikanisch. Man muss den Baslern ebenfalls ein gutes Zeugnis ausstellen. Auch bei 0:2 Rückstand war die Mitmachquote bei nahe 100 % und die Lautstärke ließ zu keinem Zeitpunkt nach. Zum Ende hin warfen die Hausherren alles nach vorn und wurden, in der 5. Minute der Nachspielzeit, mit dem Ausgleich belohnt. Das Joggeli war ein Tollhaus. Auch uns riss es von den Sitzen. Natürlich war im Gästeblock der Stecker gezogen. Jeder weiß wie sich das anfühlt, wenn einem der, sicher geglaubte, Sieg, in letzter Sekunde, aus den Händen gerissen wird. Auf dem Platz entwickelte sich sofort eine zünftige Rangelei, in der auch beide Torhüter involviert waren. Wir waren nicht unzufrieden. Der schweizer Klassiker hielt, was er versprach. Um mal auf hohem Niveau zu jammern, mir missfiel es, dass auf Seiten der Basler nicht gezündet wurde. Der Kulturbeauftragte würde jetzt sagen: „bist du satt“.
Mit dem Schlusspfiff rannten wir aus dem Stadion und erwischten die zweite Bahn. Ohne jegliche Störung und in Rekordzeit lieferte und Jörgi in heimatlichen Gefilden ab. Die Schweiz hat, erneut, nicht enttäuscht. Ich bin und bleibe Fan.
Ade mitenand, Serge