Pfingsten ging es zur Tante meiner Freundin ins Département Picardie.
Seit Januar 2016 heißt das Gebiet zwar Hauts-de-France, aber meine Freundin meint niemand benutzt den neuen Namen.
Also am Freitag, in der Picardie, genau in Amiens, angekommen, ging es dann Samstags gleich mit dem Zug an die Küste, ins kleine versnobte Touquet-Paris-Plage, wir waren beim Cousin eingeladen. Vielen lieben Dank dafür!
Versnobt deshalb, da der kleine Ort für die gutbetuchten Franzosen eine Art Statussymbol besitzt und es als schick angesehen wird dort ein Haus zu besitzen.
Auch Emmanuel Macron hat hier eine Villa und ist in Amiens geboren. Sachen gibt’s. Wenn er im Ort ist, wimmelt es von Polizei, berichtete uns der Cousin. Er hat uns dann ein wenig an das Grundstück heran gefahren und auch wenn das Staatsoberhaupt nicht zu Besuch war, stand natürlich Polizei rum und sie reckten gleich die Köpfe zu uns. Sehr Pflicht bewußt…..
Wir schwadronierten durch das kleine Zentrum und waren uns einig, das ist nicht unsere Welt. Alles irgendwie Etepetete.
Zurück beim Cousin wurde gegessen und der Deutsche musste unbedingt zum Zug, da er irgendein komisches Fußballspiel in Amiens schauen wollte.
Da ich aber schlau bin, oder wie meine Freundin sagt, clever und ich im voraus meine Fahrkarte gekauft hatte muuuuuuußte ich natürlich los.
Manchmal bin ich echt wie goju. Ach herrje. Aber danke an meine mon amour, dass sie für den Fußballkram Verständnis hat, un bisou.
Zurück in Amiens hatte ich noch etwas Zeit und bin gleich, das gute Wetter ausnutzend, an die Somme und ins Zentrum gelaufen. An der Cathédrale d'Amiens blieb ich dann eine Weile stehen und begutachtete das imposante Eingangsportal.
Am Stadion angekommen fragte ich, ob ich Eintritt bezahlen soll. So wie es sich bei Amateurvereinen gehört und da kann die Groundhopping Gemeinde blubbern, was sie will. So ein Schwachsinn die 5€ mit dem Presseausweis zu schnorren. Schmutz!
Die Frage war jedenfalls mein erster Pluspunkt. Dann Bierchen geordert (2€ für das 0,25er Pelforth). Die Maßeinheit natürlich ungewöhnlich für uns, aber so war ich dann doch öfters am Stand. Ich bemerkte auch, dass kommt gut an und ein kurzer Smalltalk war die Konsequenz. Sehr angenehm.
goju, der Chefkoch und der Kostverächter mussten am gleichen Tag den Hansa-Hotten beim verrechnen zu hören und sich als Nürnberger beschimpfen lassen und ich stehe tiefenentspannt in Amiens und schnabulierte gemütlich das Bier mit dem Pelikan. So wurde das Spielchen pendelnd zwischen Fotosmachen und Bierholen verdattelt.
Die Jungs wollten mir dann irgendwann auch mal ein Bier ausgeben, aber ich verneinte und sagte, spendet das Geld dem Club und bezahlte meinen Becher selber. Da war ich der Held. Zweiter Pluspunkt.
Kurz vor Ende des Spiels fing es dann an zu regnen und ich vereinbarte das mich meine Freundin mit ihrer Tante einsammelt. Schön bequem Der Kulturbeauftragte.
Also nochmals am Bierstand au revoir gesagt, um dann raus in den Regen zu stapfen. Aber die Jungs waren nun angeschmeckt und wollte noch einen Schnaps mit dem Deutschen trinken, aber ich verneinte und war nun nicht mehr der Held vom Tresen, alle lachten herzhaft über den Touri…. joar das ist mein Humor. Da sie mir aber trotzdem ein Souvenir mitgeben wollten, bin ich nun stolzer Besitzer eines Plastikbechers vom Athlétic Club Amiens.
Nun begann der kulturelle und familiäre Teil der Reise. Heißt Sonntag ging es mit den Kleinen und der Freundin zur Stadtbesichtigung. Auf einmal war der Jüngste scharf auch mal mit der Kamera Bilder machen zu dürfen und er machte es auch richtig gut. Schön fokussiert, Abschlüsse ordentlich und die Fotos scharf gestellt. Und als er mir beim Hôtel de ville die Kamera, zufrieden, überreichte und der Kulturbeauftragte seine Bilder machen wollte, kam eine Frau mit ihrem Hund und tatsächlich kackte mir die Töle rotzfrech vors Rathaus. Ich war fassungslos. Echt jetzt. Die Frau sieht, ich möchte Bilder machen und die lässt mir den Hund ins Bild scheißen? Geht’s noch?!? Wir feierten natürlich kräftig.
Nach dem Mittagessen, ging es am Nachmittag zur Bootstour in die Hortillonnages, die schwimmenden Gärten vom Amiens. Darauf hatte ich mich am meisten gefreut. Eine gemütliche Tour mit den traditionellen Booten durch die kleinen Kanäle am Rande der historischen Altstadt von Amiens.
Zwischen den Wasserstraßen liegen kleine Grundstücke auf welchen früher die Bauern ihr Gemüse anbauten und später mit den Booten, genau so eines in welchen wir saßen, ihre Ernte zum Verkauf nach Amiens brachten.
Heute bewirtschaften nur noch 7 Bauern ihre Grundstücke, die Zahl war rückläufig, doch nun, da mehr Menschen wieder regional und saisonal kaufen, scheint der Negativtrend gestoppt und die Zahl der Gemüsegärtnern steigt langsam wieder an. Corona muss auch vorbei sein, da uns 2 Boote voll mit Chinesen in Eigenregie entgegen kamen, alle mit ihren Handys, Laptops und Riesenkameras und die Tante meiner Freundin grüßte nur mit einen Bonjour und knispte ein Foto von ihnen. Da nimm das China. Großes Gelächter in allen drei Booten. Herrlich.
Der Kleine quengelte zwar bei der 45minütigen Fahrt es wäre langweilig, aber für uns war es interessant und auch entspannend durch die grünen Kanäle zu schippern.
Geplant war auch ein Strand/Badetag aber es wurde nur das Erstere. Wir suchten uns dafür das Örtchen Fort-Mahon-Plage raus. Aber die drapeau rouge war draußen und so wurde nur Fußball und Tennis am Strand gespielt, die Kiddies waren trotzdem zufrieden. Die obligatorischen Muscheln gabs natürlich auch noch im Restaurant.
Nach unserem Strandtag wollte der Große noch in einer Bar Kroatien-Frankreich schauen. goju schrieb mir darauf „ Ihhh....Nationalteams...🤮“ Jaja ich weiß und er hat recht, aber in dem Alter ist es für die Jungs und Mädels interessant. War bei mir damals nicht anders. Letztendlich hatte keine der angesteuert Bars das Nationsleaguespiel gezeigt, da UEFA nimm das und denk mal drüber nach. Also zurück zur Tante und den vin blanc et fromage gehuldigt.
Am letzten Tag von unserem kleinen Urlaub, ging es nochmal in die Stadt shoppen und im Garten rum lümmeln. In der Stadt ging die Freundin ein wenig bummeln und ich nach einer kurzen Begleitung in eine Brasserie. Also ein Außenbereich mit ca. 40 Tischen, fast alle frei , Platz ohne Ende und ein älteres deutsches Pärchen musste sich echt genau an den Nachbartisch setzen. Das kannste dir nicht ausdenken. Ich wollte in Ruhe das Credo lesen und muss dann hören welchen Newsletter sie abonniert hat und was sie am Abend kochen will. Was hab ich denen eigentlich getan. Man man man.
Zum Abschluss wurde noch in der Lieblingsbar der Tante am Tour Perret, ein überall in der Stadt sichtbares Hochhaus, welches eigentlich wie ein langer dünner Turm wirkt, gegessen und getrunken. Laut Aussagen meiner Französinnen ein häßlicher Bau. Ich fand ihn eigentlich nicht schlecht.
Merci et au revoir.
Der Kulturbeauftragte