Grüße aus Thüringen liebe Freunde der Schundlektüre.
Meine Wochenendplanungen ergaben, dass mir am Sonntagmittag eine längere Autofahrt bevorstand. Um diese ein wenig aufzupeppen, war ich auf der Suche nach einem Spiel, um die Fahrt etwas kurzweiliger zu gestalten. Die Wahl fiel dann auf Jena gegen Hertha 03 Zehlendorf. Damit bot sich auch direkt die Möglichkeit, den Neubau des Ernst-Abbe-Sportfeldes zu inspizieren. Auf der Fahrt nach Jena bekam ich feuchte Augen, als ich kurz nach Gera, im tiefsten Jena-Gebiet, ein riesiges Hansa-Rostock-Graffiti an einer Brücke entdeckte. Wir nehmen Wetten an, wie lang das da noch prangt.
Ich hatte vor dem Spiel noch etwas Zeit und so trieb ich mich ein wenig am Jentower herum. Der seines Zeichens das höchste Bürogebäude der ehemaligen DDR ist. Von da aus bin ich zu Fuß ins Paradies gelangt.
Mein Versuch an einen „Bratwurstdealer“ zu gelangen, scheiterte an den baulichen Gegebenheiten des neuen Stadions. Als Dankeschön für meinen Versuch geriet ich auch noch in einen Regenschauer und wurde nass bis auf die Knochen.
Leicht zornig nahm ich meinen Platz auf der neuen Gegengeraden ein. Also, die Tribüne, welche früher die Haupttribüne war, wurde zur Gegengeraden degradiert und die alte Gegengerade, über die man einen herrlichen Blick auf die Kernberge hatte, ist zur Haupttribüne mit VIP-Logen mutiert. Natürlich ist auch die blaue Laufbahn verschwunden. Die alte Stadionuhr steht noch, ist aber aus dem Stadion heraus nicht mehr sichtbar und darunter befindet sich derzeit der Fanshop. Ein Punkt wurde nicht verändert, nämlich, dass sich der Gästeblock auf derselben Seite wie der Heimblock (Südkurve) befindet. Finde ich zwar etwas gewöhnungsbedürftig aber es zumindest mal kein Traditionsbruch. Die Stufen der Südkurve sind sehr hoch, so dass man von allen Plätzen eine gute Sicht hat. Und so ein neues, rundum überdachtes Stadion ist der Lautstärke natürlich zuträglich. Im alten EAS ging viel nach oben weg.
Die, zumeist in weiß gekleidete, Südkurve sang sich, bis etwa 20 Minuten vor Anpfiff, vor dem Stadion warm. Nachdem angeflaggt war, wurden ein paar Schwenker über den Köpfen ausgebreitet und ein Lächeln huschte über mein Gesicht. Und tatsächlich, mit dem Anpfiff gingen ein paar (hauptsächlich gelbe) Nebeltöpfe an. Leider konnten dem Spektakel keine Gäste beiwohnen, aus Berlin war nämlich niemand mitgekommen. Der Gästeblock blieb tatsächlich komplett leer.
Genau wie die Südkurve, legte das Spiel los wie die Feuerwehr. Es waren gerade einmal 5 Minuten gespielt, da erzielte die Mannschaft aus dem Südwesten Berlins das 0:1. Quasi im Gegenzug fiel der Ausgleich. Ein paar Minuten später dann das 1:2, aber Jena glich wieder aus. So hatte ich nach 20 Minuten bereits 4 Tore gesehen. Aber Jena hatte noch nicht genug und schoss, bis zur Pause noch drei Tore. So ging es mit 5:2 in die Kabinen. Die Zuschauer rieben sich die Augen und die Zehlendorfer (Achtung! Wortwitz) durften Gegentore „zehlen“. In Hälfte zwei schossen die Jenenser noch das 6:2. Das Heimvolk freute es, auf der großen Stehtribüne, gegenüber der Südkurve, wurden sogar Gesänge angestimmt. Ich konnte sogar einen Trommler ausmachen. Dem Torfestival wohnten 5.339 Zuschauer bei, Freunde aus München waren (erkennbar) keine anwesend. Ich ließ noch ein wenig meine Blicke umherschweifen und war sehr angetan von den Jena-Trikots mit der Heaven Shall Burn-Beflockung. Die Metalcore-Band aus Thüringen ist in der Vergangenheit mal als Brustsponsor eingesprungen. Kein Wunder, dass sich das Trikot verkauft hat wie geschnitten Brot.
Als Dankeschön für meine Anwesenheit im Paradies wurde ich noch von einer Wespe gestochen. Bestimmt war sie genauso wütend wie ich, dass man im Stadion nur noch bargeldlos bezahlen kann.
Ciao, Serge
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