Hallo liebes Leservieh,
der Urlaub hat nun auch für mich ein Ende und es hieß sich wieder kopfüber in den Schlamm des Fußballalltages zu stürzen.
Unser großer Vorsitzender, nennen wir ihn mal Chefredakteur, weilt, seinen Worten nach, auf „DER Insel“. Wir vermuten, wissend um sein monatliches Salär, dass es sich dabei nur um Sylt handeln kann. Viel Spaß in der Sansibar Goju.
Der Kulturbeauftragte und ich traten am Freitag, auf meinen Wunsch hin, die Reise nach Zwickau an. Wir hatten einen extrem knappen Zeitkorridor, kamen aber rechtzeitig in Eckersbach an. Das Fahrzeug wurde an einer wunderschönen Platte parkiert, die Sitzkissen unter den Arm gepackt und dem Treiben am Eingang des Stadions zugeschaut. Ich erwähne Zwickau nicht, um unseren beiden Stammlesern hier einen weiteren Spielbericht unterzujubeln, sondern um ein paar Worte über die Kampagne „Fußball gehört den Fans“ zu verlieren. Das Zwickau in eine finanzielle Schieflage geraten ist, ist per se keine Neuigkeit, wie man aber damit umgeht schon. Ein Investor wurde vom Hof gejagt und die aktive Fanszene hatte große Teile der Geschicke des Vereins übernommen. So sitzt ein Fan im Vorstand, es sitzen Ultras in den Kartenhäuschen und Andere übernehmen Arbeiten rund um den Stadionbetrieb. Wir unterstützen diese Art des Einsatzes gegen einen überkommerzialisierten Fußball zu 100% und das nicht nur mit Worten. Wer „Fußball gehört den Fans“ und damit den FSV Zwickau ebenfalls unterstützen möchte, kann das unter https://www.99funken.de/fussball-gehoert-den-fans tun. FUßBALL GEHÖRT DEN FANS!
Nachdem die Mannschaft unseres Herzens am Samstag einen guten Start in die neue Saison hingelegt hatte, fuhren wir, einigermaßen gut gelaunt, ins thüringische Meuselwitz im Landkreis Altenburger Land. Bereits auf der Fahrt, ohne dass jemand irgendwo gegen einen Ball getreten hätte, hat der Kulturbeauftragte das Highlight des heutigen Tages geliefert. Auf unseren Abenteuerreisen liegt das Augenmerk auch immer auf der Streetart des jeweiligen Clubs durch dessen Gebiet uns unsere Reise führt. So bewunderten wir, im Revier des FC Karl-Marx-Stadt, deren Graffitis, als dem Kulturbeauftragten 3 blaugelbe Stromkästen ins Auge stachen. „Krass das Lok so weit im Chemnitzer Gebiet malt“ entfuhr es meinem guten Freund und Beifahrer. Bei näherer Betrachtung der Stromkästen stellte sich allerdings heraus, dass es sich um die ukrainischen Landesfarben und bei dem Symbol um das Staatswappen der Ukraine handelte. Der vermeintliche Lok-Schriftzug entpuppte sich dann auch als „Slava Ukraina“-Schriftzug. Einem Herzinfarkt nahe, habe ich bis Meuselwitz durchgelacht. Nicht mal die teils witzigen Ortsnamen konnten mich ablenken.
Wir hatten nicht allzu viel Zeit, also sind wir direkt zur „bluechip-Arena“ (was für ein Name) gefahren. Auf dem Weg zum Parkplatz liefen ein paar Lokis (Slava Ukraina) neben unserem Gefährt her. Wir befuhren den Heimparkplatz, der Parkwächter fragte: „Lok?“, wir antworteten „nö“ und ernteten böse Blicke der blau-gelb-gekleideten Fußgänger.
Wohlwissend um den Sommer 2023 kauften wir Tickets (je 15 €) für die überdachten Stehplätze der Haupttribüne. Woher hätten wir wissen sollen, dass es einmal nicht regnet und wir uns im schönen Stadtteil Zipsendorf am Ende den Arsch verbrennen? Die Wetter-App hat vor diesem Sommer ebenfalls kapituliert. Am Ende haben wir uns, mal neben der Haupttribüne, mal auf der Gegengeraden, Sitzplätze gesucht. Bei der Stadionbegehung fiel uns ein Container auf, der in eine Art Stadionkneipe umfunktioniert wurde. Dekoriert war er mit sehr vielen, teilweise seltenen, Vereinsdevotionalien aus aller Herren Länder. Besonders die, mit Schals tapezierte, Decke hat es uns angetan. Vom Charme eines Containers war im Inneren nichts mehr zu spüren. Noch einen Tisch und ein paar Stühle, besetzt mit Rentnern, davorgestellt und die Fußballromantik war perfekt. Am Fanshop-Container haben wir uns gefragt, warum sich im Wappen des ZFC Meuselwitz ein Krokodil befindet? Die Frage bleibt leider unbeantwortet. Vielleicht hat sich das Stuttgart-Krokodil aus dem Neckar nach Thüringen verirrt? Aber mal im Ernst, sollte das jemand wissen, bitte mal melden.
Das Stadion selbst war für Regionalligaverhältnisse absolut okay. Es hat eine überdachte Haupttribüne, welche auf der oberen Hälfte Stehplätze besitzt, einen Gästebereich mit Stehplätzen und ansonsten nur Sitzplätze. Man stand/saß nah am Spielfeld und hatte gute Sicht. Hinter der Gegengeraden befand sich sogar ein Spielplatz. Kann sich also der Vater in Ruhe zuziehen, während der Rest der Familie beschäftigt ist. Oder die Mutter zieht sich zu, oder der Vater zieht sich zu und der andere Vater ist auf dem Spielplatz, oder…. Genug jetzt, wir leben in verrückten Zeiten.
Das Altenburger Bier und die Bratwürste schmeckten und wir konnten, an aller Ruhe, der Leipziger Szene (Slava Ukraina-okay, es reicht) beim Beflaggen des Zaunes zuschauen. Während wir die Leipziger beobachteten starrten uns angespannte Hopper Löcher in den Rücken. Der Zaun war beeindruckend dicht zugehängt. Besonders die alten (ausgeblichenen) Fahnen, stellvertretend seien hier die „Markkleeberg“- und die „1 FC Lok-Eine Macht“-Fahnen genannt, haben es uns angetan. Ein paar wirklich hässliche, gedruckte waren auch dabei - naja, geschenkt. Die Fanszene der Lokis versammelte sich hinter der „Fanszene Lokomotive“-Fahne. Zur ihrer linken hing eine herrlich einfache, stumpfe HFC-Fahne, hinter der einige HFC-Schals auszumachen waren. Zur rechten der Szene stand eine Fraktion Fischerhutträger. Einer dieser Fischerhutjungs lief, zusammen mit dem (vermutlich) Szenefotografen und bekleidet mit einer Warnweste, mehrmals den Innenraum ab. Die Beiden scannten ausgiebig das Stadionvolk.
Mit 15-minütiger Verspätung, ob des Andrangs, wurde die Partie angepfiffen. Also mussten sich die Cheerleader, die am „Spielertunnel“ warteten, die Beine in den Bauch stehen. Der Verein besitzt nämlich eine eigene Cheerleadingabteilung. Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der amerikanische Collegeaktivitäten bis nach Thüringen geschwappt sind.
Die Atmosphäre im vollen Stadion, welches sicherlich zu mehr als 50 % mit Gästen besetzt war, sollte die Protagonisten auf dem Rasen zu sportlichen Höchstleistungen beflügeln und uns einen kurzweiligen Nachmittag bescheren. Leipzig hatte den besseren Start, obwohl Zipse gute Möglichkeiten hatte. In der 25 Minute bekam Lok einen Elfmeter zugesprochen, der eiskalt verwandelt wurde. Mit dem Pfiff zum Pausentee schlug die Lok noch einmal zu. Wir, und sicherlich auch einige Zuschauer, hatten das Spiel bereits abgehakt. Doch Pustekuchen! Der ZFC kam zurück, und wie! Die Zipsendorfer kämpften wie besessen und konnten die Partie noch drehen. Der Lokomotive wurden noch 3 Tore (57‘, 70‘ und 85‘) eingeschenkt, an einem war der Leipziger Torwart nicht ganz schuldlos. Bei den Torjubeln fiel uns der übermotivierte Zipsendorfer Athletiktrainer besonders auf. Sprang er bei den ersten beiden Toren, fäusteballend, an der Außenlinie herum, rannte er beim Siegtreffer wie ein Derwisch auf den Platz und schmiss sich mit seinem schweren Körper auf die Jubeltraube. Mit dem Sieg wurde die Niederlage, zu Saisonbeginn, bei den Babelsbergern ausgebügelt.
Unser Eindruck zum Auftritt der Leipziger Fanszene ist ambivalent. Die schiere Masse und das Erscheinungsbild mit dem großartig beflaggten Zaun, den vielen Doppelhaltern, sowie den großen Schwenkern wusste zu gefallen. Die Präsentation der Jungs aus Probstheida war richtig gut. Allerdings waren wir vom Liedgut enttäuscht. In Sachen Lautstärke gibt es, bei einer langen, flachen Hintertortribüne (ohne Dach) absolut nichts zu beanstanden. In Sachen Kreativität allerdings schon. Einzig in Erinnerung blieb die zweite Version des Pippi-Langstrumpf-Liedes in dem eine Textzeile durch „Scheiß Eintracht Frankfurt“ ersetzt wurde. Damit grüßten die Probstheidaer ihren nächsten DFB-Pokal-Gegner, der auch noch eine Fanfreundschaft mit dem Stadtrivalen aus dem Norwesten der Stadt pflegt.
Wir machten uns, mit dem Schlusspfiff, aus den Staub und fuhren, mit einem Lächeln, in die Heimat
Slava Ukraina, Serge
Zipso, mei guders https://www.zfc.de/News/1238596362/1571221511/wappen
„Die Zuschauer sitzen in Meuselwitz keine drei Meter vom Spielfeldrand entfernt. Nicht viel Platz für Zipsi, das Krokodil-Maskottchen des Klubs, um für Stimmung zu sorgen. Das Tier krabbelte nach der Wende auf das Vereinsemblem. „Wild und turbulent“, nennt Wolf diese Zeit. Wie die meisten Vereine in der Region war auch der ZFC vom lokalen Braunkohlebetrieb finanziert worden. BSG Aktivist Zipsendorf und später Aktivist Meuselwitz hieß der Klub. „Traditionell hatten alle Vereine im Kreis schwarz-gelbe Logos und dazu passende Trikots“, erzählt Wolf. Alle sahen gleich aus. Also überlegten sich Wolf und einige Gleichgesinnte Anfang der 90er-Jahre ein neues Emblem. Das Stadtwappen musste drauf. Die Meuselwitzer entschieden sich für ein Krokodil, das auf seinem Maul einen Fußball tanzen lässt – und die Farbe Rot. „Es soll das Herzblut darstellen“, sagt Wolf. Schwarze Umrandung und Schrift stehen für „Härte und Solidarität“.“ Unseriöse Zeitung, die nicht verlinkt werden möchte aus 2011
Ohje das hört sich, ich sag mal, interessant an. Danke für die Info.