Die Perlen unter den Stadien sind bereit eingesammelt zu werden. Organisiert durch Teile der Cottbuser (Hopper)Szene, war es nun also wirklich so weit: Ein Spiel im Max-Reimann-Stadion wurde ausgetragen. Da mussten wir natürlich dabei sein. Wir, die eventgeilen Hopperschweine.
Doch so ganz wollte es am Dresdner Hauptbahnhof nicht losgehen. Denn der Zug fuhr einfach nicht los. Nicht nach 5 Minuten, nicht nach zehn Minuten und auch nicht nach zwanzig Minuten nach angegebener Abfahrt. Ich vermutete schon, dass irgend ein JD eine Münze in der Türautomatik versteckt hatte und das gleich der Hausmeister käme und fragen würde, wer das denn war. Immer wieder piepte es bei der Tür und kurz danach ging es dann trotzdem nicht los. Da war ich schon leicht nervös. Zeitpuffer war da, aber wir alle kennen es, wie schnell dieser dahinschmelzen kann.
Doch natürlich klappte die Abfahrt irgendwann einmal und ich konnte mich entspannt ins Reich der Träume begeben. Auf der Fahrt nach Cottbus wird doch eh nichts verpasst. Leicht schlaftrunken aus dem Zug gestolpert, rief der Kostverächter zum großen Marsch durch Cottbus hin zum Branitzer Park. Diese Leibesübung machten wir aber nur zu viert und der Rest begab sich zur Straßenbahn und fuhr natürlich saufen. Was für Kulturbanausen.
Der Fürst-Pückler-Park Branitz ist seines Zeichens der letzte bedeutende Landschaftspark auf dem europäischen Kontinent. Das Wahrzeichen des Parks schlechthin ist sicherlich die Seepyramide, in welcher Fürst Pückler und seine Frau begraben sind. Davon nicht weit entfernt befindet sich die Landpyramide. Eines muss ich dem Fürst Pückler lassen: Gärten bzw. Parkanlagen gestalten konnte er. So hatte er auch den Pückler-Park in Bad Muskau gestaltet. Bei diesem Projekt übernahm er sich aber finanziell und verkaufte deswegen die Standesherrschaft Muskau. Mit dem Geld aus dem Verkauf der Standesherrschaft machte er sich dann daran den Branitzer Park zu gestalten. Doch auch hier stiegen die Kosten sehr stark, da er Mutterboden in sehr großen Mengen mit Ochsenkarren aus weit entfernten Gegenden kommen ließ, da der Sandboden für seine Planungen ungeeignet war. Weiterhin ließ er auch nahezu ausgewachsene Bäume heranschaffen, um diese im Park einzupflanzen. Dafür musste auch der Boden am neuen Standort des Baumes speziell hergerichtet werden.
In den verschiedenen Jahreszeiten hat der Park sicherlich stets eine andere Wirkung. Wobei besonders die Blütezeit im Frühling und die Laubfärbung im Herbst dem Park besonders besuchenswert machen. Solange wollten wir aber nicht warten und liefen weiter zum Max-Reimann-Stadion. Dabei führte uns unser Weg durch einen Teil des Cottbusser Volkspark, bei welchem ich annahm, dass Cottbus wohl wirklich rasch ausstirbt und die Natur sich alles wieder zurückholt. Denn das war eher ein Wald, als ein Park.
Angekommen am beziehungsweise im Stadion ging dann der große Begrüßungsreigen los und viel zu viele Menschen ohne richtiges Hobby versammelten sich auf den Stufen und Sitzplätzen. Das Stadion wurde, nachdem es auf den Trümmern einer im zweiten Weltkrieg zerstörten Sportstätte aufgebaut wurde, nach dem kommunistischen Politiker und antifaschistischen Widerstandskämpfer Max Reimann benannt. Plätze bietet es offiziell 4.999 Stück an. Inoffiziell sind es aber 19.000.
Die Bude kann so wie sie ist auch über die Oder nach Polen verlegt werden und würde dort nicht wirklich auffallen. Strahlt sie doch diesen gewissen Charme aus. Weitläufig, viele Stufen und dazu diese überaus große Anzeigetafel. Gemessen an der Höhe des Stadions sticht sie in ihrer Größe wirklich hervor. So etwas gibt es im deutschen Profifußball ja nicht mehr. Eine Schande.
Das Spiel wurde verquatscht, beäugt, ertragen oder wahlweise auch genossen. Großer Fußball war nicht zu erwarten, was aber hier niemanden wirklich zu stören schien. Das Stadion war der Star des Tages und das wussten alle. Da konnten die Losmisenas mit ihren gestellten Fotos auch nichts daran ändern. Ihr seid nicht größer als der Ground!
Nach einer kleinen Pyroeinlage und dem Abpfiff begann es plötzlich wie aus Eimern zu schütten, so dass sich das Stadion doch sehr schnell leerte und alle Zuflucht im Auto oder der Straßenbahn suchten. Doch mich weichte es gut durch, da ich mich eindeutig für die falsche Haltestelle entschied. Verdammt. Wieder einmal nass und leicht frierend auf dem Rückweg in einem Zug gesessen. Ich hasse es. Ob jemals wieder ein Spiel im Stadion stattfinden wird, kann ich nicht sagen. Zu wünschen wäre es. Es ist halt einfach mal eine schicke Bude dieses Stadion. (goju)