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Bevor von Weimar die eine Stunde Fahrt gen Ruhla starten konnte, schaute ich mir noch das Schloss Belvedere an. Es wurde 1744 fertiggestellt. Als Vorlage diente Ernst August I. der Herzog von Sachsen-Weimar das gleichnamige Schloss Belvedere aus Wien. Der Name aus dem italienischen übersetzt „Schöne Aussicht“ ist Programm, denn die Anlage befindet sich auf einer Anhöhe, von welcher man einen guten Blick auf Weimar hat. Belvedere ist ebenfalls im UNESCO-Weltkulturerbe „Klassisches Weimar“ aufgeführt. Angenehm das alles kostenlos zu besichtigen ist. Ins Schloss bin ich nicht gegangen. Keine Lust auf Gemälde. So bin ich bei strahlendem Sonnenschein durch den Schlosspark, die Orangerie und den russischen Garten gegangen.

Die Fahrt nach Ruhla war nicht der Rede wert. Nachdem es von der Autobahn abging, fuhr ich eine Weile  durch grüne Land- und kleine Ortschaften. Am Ortseingang begrüßt einen dann das markante Uhrenfabrik-Gebäude. Im kleinen Zentrum am Markt wurde geparkt und eine kleine Runde gedreht. Man will ja was sehen. Die Winkelkirche am Hang gelegen versprach eine gute Aussicht. Also hin da. Dort festgestellt, ist ja ein Friedhof. So wurden schnell ein, zwei  Bilder gemacht und wieder runter zum Markt gelaufen. Typisch für so kleine Ortschaften, ich war als Fußgänger fast alleine unterwegs. Im Café-Rühler Plätzchen wurde ich freundlich begrüßt und genoss ein Apfel-Softeis mit Kaffee in der Sonne. „Mi Rühl-Mi Heimet“ so stand es geschrieben. Im Infoblatt der Touristeninformation, ja diese gibt es hier auch, ließ mich noch die Hansekogge aufhorchen. Hier? Im tiefsten Thüringen!  Und wie ich so mein Softeis esse, sehe ich sie. Eine kleine Kogge auf einem Dach. Die Erklärung dahinter, Ruhla war bis 1989 Standort von mehreren Stammbetrieben ehemaliger Kombinate. Über 7.000 Menschen kamen damals täglich in das enge, verwinkelte Bergstädtchen und arbeiteten in der Uhren-, Fahrzeugelektronik-, Elektro- und Metallindustrie. Zeitzeugen ehemaliger Industriegrößen lassen sich nur noch wenige finden, so wie das kleine Schiff auf dem Dach der früheren Metallwarenfabrik Erk.

Vielleicht ist die Hansekogge auch daran schuld, dass es im Stadion Mittelwiese nur Lübzer-Pils gibt. Aber es wäre wohl aus dem Keller und damit kalt. Nicht wie in Farnroda. Aha. 32 °C und ihr holt das Bier aus dem Keller. Vielleicht wäre der Kühlschrank die kältere, bessere Option gewesen. Als ich ein Bild von der Getränkeliste machte, pragmatisch mit Kreide aufs Holz der Bretterbude gekritzelt, raunzte mich ein Rentner an, ob ich eine Erlaubnis zum Fotografieren hätte, hier wäre nämlich alles geheim. Ok, das war mir neu. Da hat der EFC sein Geheimnis gut behütet. Da wir bei kopane aber nur zwei Stammleser haben, brauch sich der Hans-Jürgen aus Ruhla keine Sorgen zu machen. Ist alles sicher bei der Schnecke. Leute gibt’s.

Nachdem das geklärt war, konnte ich diesen kleinen und geilen Sportplatz genießen. Von Bildern kannte ich natürlich dieses schöne Eingangstor, mit dem Schriftzug und natürlich wusste ich von diesen Bänken. Aber in echt ist es viel beeindruckender. Diese alten DDR-Bänke, wo sich die Plastik ummantelten Bretter durchbiegen, wenn man sich drauf setzt. Einige Reihen waren schon mit Büschen zugewachsen. Gab gute Fotomotive. Wenn man seinen Blick nach links schweifen lässt, sieht man den bekannten Schriftzug auf einer Mauer in der Kurve „RUHLA GRÜSST SEIN GÄSTE„ flankiert mit dem Vereinswappen. Der Putz mit der Farbe stark am Bröckeln und ausbleichen. Eine kleine Sportplatzperle haben sie hier. Die Schatten spendenden Bäume auf der Gegenseite und die hinter mir liegenden Berge machen das Bild komplett. Ich bemerkte irgendwann, dass die Gästespieler und die Betreuer nicht SV Grün-Weiß Oechsen 1906 auf ihren Trikots bzw. Nikkis stehen hatten, sondern SG Rhönplateau.

Es handelt sich um eine Spielgemeinschaft bestehend aus den Orten Gehaus, Oechsen und Wölferbütt. Dies würde, laut zwei Gästezuschauern, mit welchen ich sprach die 2. Mannschaft und die alten Herren betreffen. Auf meine Nachfrage, wie lange dies schon wären, meinten die Beiden „schon ein paar Jahre“. Da wundert es mich nur, dass es  z.B. bei Fussball.de oder der Facebook-Seite des Vereins nicht vermerkt ist. Das Spiel war jetzt kein grandioser sportlicher Leckerbissen. Das erwartet man auch nicht in Westthüringens Kreisliga Staffel 2. Die Mannschaften aber gut am Machen. Die drei Punkte blieben auf der Mittelwiese. Serge schrieb mir während des Spieles ich solle ihm ne Uhr mitbringen. Und recht hat er. Ruhla ist bekannt für seine Uhren. Die Produktion dieser hat hier eine lange Tradition. Ein Aufschwung kam 1882 mit der Herstellung der ersten maschinell gefertigten Taschenuhr namens „Fearless“ die wegen ihres markanten Aussehens „Rühler Kartoffel“ genannt wurde. Ja das wäre doch was für Serge, eine Kartoffel-Taschenuhr. Nachdem auf der Uhr des wohlgenährten Schiedsrichters die 90 Minuten um waren, betätigte er sein wichtigstes Utensil. Hieß  für mich Abhaun. Das Navi schickte mich auf der Heimfahrt eine gute Stunde durch  den Thüringer Wald, den Wartburgkreises und durch die thüringischen Rhön, was sich idyllisch anhört, zerrte doch an den Nerven. Aber das Stadion Mittelwiese war es wert.

(Der Kulturbeauftragte)