11.10.2009, 16:00 Uhr
ФК“Витязь“ Подольск – ФК „Металлург“ Липецк
Подольск, Стадион «Труд»
2. Liga – 815 Zs. – 2:0
Es ist 14 Uhr am 10.10.2009. Auf einem Kunstrasenplatz, ca. 100 Meter neben dem Luzhniki-Stadion gelegen, pfeift der Schiedsrichter ein Spiel an. Das letzte Spiel für meine 5 Jahre alten Fußballschuhe. Der dezente Riss des rechten Schuh an der Schnittstelle zwischen Sohle und Leder lässt sich selbst mit grauen, hochwertigen Klebeband nicht mehr beheben.
Das letzte Spiel für meine Schuhe ist zugleich das erste internationale Spiel für das Fanprojekt Dresden, sowie auch für die Arbeiter-Auswahl von Gazprom. Die quasi heute die Platzherren sind. Nur wenige Zuschauer fanden sich zu diesem Spiel ein. Es wurde zwar als Topspiel, Highlight oder das Spiel der Spiele im Radio angekündigt, doch die Unzugänglichkeit des Sportplatzes verhinderte, dass sich Zuschauer diesen Spitzensport anschauen können. So blieb ihnen nur der Rumpelfußball zum Länderspiel, welches leider die gute Seite mit 0:1 verlor.
Nach einer desaströsen ersten Halbzeit, ein 5:0 für die Blauen vom Energielieferer spricht Bände, wurde der Bewegungslegastheniker, der schon im normalen Leben Probleme mit der Koordination seiner Gliedmaßen beim simplen Gehen hat, aus dem Tor genommen und gegen einen russischen Torwart getauscht und die Abwehr noch einmal verstärkt. Die „geballte Manpower“ des Teams nun gebündelt in einer Reihe und schon ging die zweite Halbzeit mit 3:1 an uns. Der Entstand folglich 6:3 für die Arbeiter eines großen Konzernes, dessen Manager meinen, einen großen Batzen Geld in einen ruinösen blau-weißen Ruhrpottverein stecken zu müssen. Danke noch an die drei Russen, die im Sturm und im Tor ihre Knochen für uns hin hielten und sich gemeinsam mit uns „blamierten“.
Nach den 2x 30 Minuten Spiel, Trikottausch und kleinen Vesper zog es alle bis auch mich zum Länderspiel. Ich dagegen drängelte mich geradezu auf, die Sporttaschen mit dem Taxi zum Hotel bringen zu dürfen. So ging es für mich mit dem Mannschaftsbus zurück in die Innenstadt und der Pressesprecher rief ein Taxi heran. Die imposanten Risse in der Frontscheibe, der Erste von oben links bis in die Mitte, der Zweite mittig quer über die ganze Scheibe, ließen mich ein wenig skeptisch gegenüber der Fahrweise des Taxifahrers werden. Hier wird haarscharf die Vorfahrt geschnitten, da fast der Bus gerammt und an roten Ampeln, an denen man rechts abbiegt, wird sich mit der Kupplung am Schleifpunkt langsam nach vorn getastet, bis man die rote Ampel nicht mehr sieht und dann abgebogen. Erinnerte mich an Kairo diese Fahrweise. Aber egal. Ich bin ja schließlich wohlbehalten am Hotel angekommen. Alles Gepäck vor der Tür ausgeladen und zwei der vielen Polizisten zu verstehen gegeben, dass sie doch einmal ein Auge auf die Taschen werfen sollen, solange ich die erste Fuhre auf das Zimmer schaffe. Dies taten sie dann auch, denn als ich wieder im Foyer ankam, lehnten sie am Fenster und schauten stur geradeaus auf unsere sieben Sachen. Insgesamt sollten um die 100.000 Polizisten in Moskau zum Länderspiel im Einsatz sein. Davon auch etliche in den Hotels im Einsatz.
Nach dem dann alles erledigt war, ging es Schnur stracks mit der U-Bahn ins Zentrum der Stadt. Bei der Stadtrundfahrt am Morgen erfuhr man zwar schon viel und sah auch einiges von Moskau, doch eine Stadt durch einen Spaziergang zu erkunden, ist immer noch das Beste. Kreuz und quer laufen und die eigenen Sinnesorgane beanspruchen. Das fetzt. Nach vier Stunden war ich dann wieder zurück im Hotel. Wenige Minuten später kam auch der Rest und der Tag wurde ausgewertet.
11.10.2009
Dieser Tag begann ebenfalls mit einer Stadtführung. Olga vom „Deutsch-Russischen Haus“ lud uns zum Rundgang durch den Kremlin und über den „Roten Platz“ und zeigte uns noch einen Spezialitätenladen im Kaufhaus „GUM“, in dem es ein extrem leckeres Zimtgebäck gab. Da läuft mir jetzt noch das Wasser im Mund zusammen. Anika, ihres Zeichens Praktikantin bei einer russischen Zeitung, kam auch noch dazu. Sie wollte einen Artikel über das wahre Länderspiel vorm Länderspiel und unseren Ausflug nach Podolsk schreiben. Am Kurskaya-Bahnhof wurden dann die Tickets (140 Rubel retour) für die einstündige Fahrt mit der Elektritzschka gekauft und ins südlich von Moskva gelegene Podolsk gefahren.
Vorhang auf für großes Kino im Zug. Nach dem Kreutzworträtselhefte, Socken, Äpfel, Paprika und Regenschirme angeboten wurden, setzte Musik ein, die nach einiger Zeit plötzlich verstummte. Der Grund waren laute Stimmen, die Protagonisten ein Fahrgast und eine Schaffnerin Marke russische Gewichtheberin (jaja…ich weiß…das Klischee). Beide hauen sich beide eine Zeit lang Worte um die Ohren. Dann rempelt er sie an und sie schlägt mit der geraden Rechten einfach mal zu. Er weicht zurück und verlässt diesen Wagon. Bei der will ich kein Ehemann sein. Vor dem Bahnhof von Podolsk wuchs dann unsere eh schon große Gruppe auf insgesamt 16 Deutsche an. Insgesamt werden beim Spiel wohl mindestens 20 Deutsche anwesend gewesen sein. Zusammen ging es nun durch die unendlichen Weiten von Podolsk. Links eine Platte, rechts eine Platte, vorne und hinten sowie so. Mittendrin eine Art Markt oder Kulturzentrum. Tja, viel gab es nicht zu sehen. Das Stadion von Podolsk kommt mit zwei baugleichen Tribünen daher und die Eintrittspreise reichen von 50 Rubel bis 200 Rubel. Um die 350 von uns gezählten Zuschauer standen einer offiziellen Zahl von 815 gegenüber. Podolsk gewann das am Anfang schwache Spiel, welches sich zum Ende hin steigerte, verdient mit 2:0.
Die Schwierigkeit des Spiels bestand darin, einer Außenstehenden zu erklären, warum man gerade in diese Weltmetropole, in dieses zum bersten gefüllte Stadion, in dem ein Fußballspiel gespickt mit technischen Finessen und atemberaubenden Torschüssen aufwartete, ein Fußballspiel anschauen muss. Eine Frage, die ich mir, so glaub ich, fast wöchentlich stelle. Beim Länderspiel hatte sie ja noch Verständnis. Gut, zu meiner Person war es Unverständnis, warum ich diesen Hokuspokus nicht mit anschaue. Aber als wir auch noch offen zugeben, dass uns das Spiel an sich nur sekundär bis gar nicht interessiert und wir uns in unseren Gesprächen auch mit anderen Dingen beschäftigten, wies ihre Mimik eine Art Fragezeichen auf. Ich glaube nicht, dass wir es geschafft hatten Licht ins Dunkle zu bringen. Wir wollen halt leben und keine Normopathen werden, die ihr Leben stets nach dem neusten Trend, Gesetzen und Regeln und der Obrigkeit ausrichten. Lebe lieber ungewöhnlich! Abpfiff, Abmarsch, Essen, Schlafen. (goju)
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