Bonne journée mes amis
Heute grüßen Ping und ich vom Neuenburgersee im französischsprachigen Teil der Schweiz. Als erstes Ziel des Wochenendes hatten wir uns das Nachbarschaftsduell (man kann sicher auch das Wort Derby in den Mund nehmen) zwischen Yverdon Sport FC und FC Lausanne-Sport ausgesucht. Beide Städte trennen gerade einmal 37 km. Auch in der Tabelle ist man benachbart. Vor Anpfiff lag Yverdon auf Platz 8 und Lausanne auf Platz 9.Die Tickets für das Spiel kosteten 2 x 25 CHF, was für Schweizer Verhältnisse fast schon ein Schnapper ist. Dafür konnte man auf einer Stahlrohrtribüne (Gegengerade) ohne Sitzplatznummerierung Platz nehmen. Wir waren glücklich über den Umstand, dass wir das Spiel im heimischen Stade Municipal schauen konnten, da dieses, bis September, umgebaut wurde, um den Ansprüchen der Super League zu genügen. Für die ersten Spiele musste Yverdon in das Stade de la Maladière von Xamax Neuchâtel ausweichen.Vor dem Spiel stand die Kultur. Wir haben eine kleine Stadttour gemacht, wobei klein hier großgeschrieben werden muss, denn Yverdon ist keine Metropole. Die kleinen Gässchen rund um den Place Pestalozzi laden zum Flanieren ein. Ich empfehle einen Besuch in der Boulangerie-Chocolaterie Gerber Wyss. Die Lovehandles werden es euch danken. Das Schloss, ebenfalls am Place Pestalozzi gelegen, bietet einen schönen Fotospot, ebenso wie die kleinen, alten, farbenfrohen Häuschen. Stellvertretend sei hier die wunderschöne Apotheke genannt. Aber machen wir uns nichts vor, in unter zwei Stunden ist man hier durch.Am Ende unserer Stadttour haben wir uns mit einem Feldschlösschen belohnt.Auf einem Parkplatz, etwa 100 m vom Stadion entfernt, haben wir das Auto abgestellt. Wir wollten noch ein wenig Bundesliga im Auto schauen, allerdings haben uns Böllergeräusche aus dem Fahrzeug gelockt.Schnellen Fußes legten wir die paar Meter zum Stadion zurück, um den Vorbeimarsch der Fans aus Lausanne zu beobachten. Der Szenehaufen reiste mit dem Zug an und legte den Katzensprung vom Bahnhof (< 1km) zum Stadion zu Fuß zurück. Auf dem Weg wurde einiges an Material abgefackelt. Als der Mob am Stadion vorbeikam wurde in Richtung von einer paar Normalos und uns (sind wir nicht auch Normalos?) gepöbelt und sich in übermäßigem Imponiergehabe ergangen. Getrennt haben uns und die Jungs aus Lausanne 2 Flatterbänder. Ein überengagierter Offizieller hinderte alle Paparazzi daran Fotos der Gäste zu machen. Man wollte nicht provozieren. Aber was hätte uns passieren sollen? Wir waren schließlich durch zwei Flatterbänder getrennt. Später kam noch ein, in die Jahre gekommener, Wasserwerfer zu unserem Schutz hinzu.
Nach dem Spektakel am Eingang haben wir unsere Plätze eingenommen. Natürlich, und das ist immer wieder der Running Gag in der Schweiz, ohne kontrolliert zu werden. Und, weil wir uns ja sonst nichts gönnen, spendierten wir uns noch einen 5 CHF-Hot-Dog. Genüsslich beobachteten wir den Einmarsch der Fans aus Lausanne. Am Zaun wurde eine einzige, riesige Zaunsfahne angebracht. Das sah richtig gut aus und hatte etwas brutalistisches. Auf Seiten von Yverdon hing eine Fahne mit der Aufschrift UN CLUB – UN CANTON – YVERDON. Da unsere Leser intelligent sind, spare ich mir mal die Übersetzung. Links neben dem Tor und der UN CLUB-Fahne haben sich die Fans um Kop14 und einer weiteren Fangruppierung (ich konnte die Fahne nicht erkennen) platziert. Rechts neben dem Tor, auf derselben Tribüne stand eine weitere (kleinere) Gruppierung, die ebenfalls supporteten. Beide Gruppen unterstützten ihren Verein unabhängig voneinander. Ich habe irgendwo gelesen, dass man sich bei der Art der Unterstützung (Pyro, pöbeln etc.) nicht einig ist. Ich konnte das leider nicht weiter verifizieren.
Etwa 10 Minuten vor Anpfiff kletterten etwa 30 vermummte Fans aus Lausanne auf den Zaun und machten es sich, mit Fackeln in der Hand, bequem. Sah schon witzig aus, wie sie da so gelangweilt, teilweise im Fangnetz, herumhingen. Der Stadionsprecher erinnerte schon mal vorsorglich daran, dass das Abbrennen von Pyrotechnik verboten ist. Man kann sich denken, was beim Einlaufen der Mannschaften passierte. Der Gästeblock stand in Flammen. Das ploppen der Fackeln verzerrte unsere Gesichter zu grinsenden Fratzen. Das sah schon richtig genial aus. Auf der Heimseite wurde etwas ähnliches wie eine Choreo gezeigt. Vor bzw. über der UN-CLUB-Fahne wurde eine Fahne mit der Aufschrift YSFC 1897 hochgezogen. Vermutlich auch, um sich zu vermummen. Im Gästeblock wurde ähnliches mit den Schwenkern fabriziert, ihr kennt das Spiel. Auch im Heimbereich, hinter der Kop14-Fahne gingen ein paar Fackeln an. Im zweiten, nennen wir es mal Fanbereich, wurde auf optische Elemente verzichtet. Der Spielbeginn war also schon einmal gelungen. Trotz Temperaturen im unteren einstelligen Bereich wurde uns eingeheizt. Auf unserer Stahlrohrtribüne war kein Platz mehr, die Menschen saßen auf den Treppen der Aufgänge.Auch der gegenüberliegende VIP-Bereich mit seinen riesigen, beleuchteten Fenstern war gerammelt voll. Trotz meiner Frankophilität konnte ich nicht verstehen, was der Stadionsprecher für eine Zuschauerzahl verkündete. Es brandete jedenfalls Jubel, nach der Durchsage, auf. Am Ende sahen 4.000 von 6.600 möglichen Menschen das Spiel.Die erste Halbzeit hat einiges geboten. Bereits in der 1. Minute erzielte Yverdon das erste Tor. In der 33. Und 39. Minute schaffte es Lausanne das Spiel zu drehen und in der Nachspielzeit der ersten Hälfte schaffte Yverdon den Ausgleich. Jetzt hieß es erst einmal durchatmen.Mit uns saßen zwei Engländer auf der Tribüne, die sich genüsslich zugezogen haben und die Leute um sich herum auf die Schippe nahmen. Sie entschieden sich dann dafür das Heimteam zu unterstützen und bepöbelten die Gästemannschaft, ohne Unterlass, als „sausage boys“. Dafür brachten ihnen die dankbaren „Yverdonaisen“ ab und zu ein Bier mit. Keine allzu schlechte Strategie, wenn man sich die Bierpreise in der Schweiz ins Gedächtnis ruft. Jedenfalls haben die beiden Kloppis noch das ein oder andere Tor verpasst.Wir hofften auf die zweite Halbzeit. Leider wurden wir, was das Geschehen auf den Rasen angeht, bitter enttäuscht. Am Spielstand änderte sich nichts mehr.Auf den Rängen ging es munter weiter. Den Hauptanteil daran hatten die Gäste aus Lausanne. Immer wieder wurde auf den Zaun geklettert und gezündet, was das Zeug hielt. Auch der ein oder andere Silvesterknaller war mit dabei.Unsere Nacken waren bereits maximal verrenkt wegen der permanenten „nach-rechts-Guckerei“. Ich muss gestehen, dass ich Lausanne nie wirklich auf den Zettel hatte. Für mich waren, bei unseren Nachbarn immer Basel, der FCZ und St. Gallen die „Großen“. Aber was die Loz Boys aus Lausanne da veranstalteten, war aller Ehren wert. Über die Lautstärke will ich keine Worte verlieren. Beide Fanblöcke besaßen kein Dach, insofern ging viel Lautstärke nach oben weg. Unsere Engländer machten derweil einen Facetime-Anruf in die Heimat und gingen damit allen auf den Sack.In der Heimkurve wurde ein Gruß an die Gäste - FUCK LB12 – an den Zaun gehängt. Dazu rannten permanent zwei vermummte Typen in Maleranzügen umher. Fürs Auge war etwas geboten. Die Provokation der Heimseite blieb unbeantwortet. Wir haben Ausschau nach Freunden gehalten, konnten aber auf Seiten der Gäste keine Farben oder Fahnen aus Dijon, Solothurn oder Winterthur ausmachen. Freunde von Yverdon sind mir nicht bekannt. Nach Abpfiff konnten wir unsere beiden Flatterbänder überqueren und haben uns, nicht unzufrieden, auf unseren Weg zu unserem Hotel nach Lausanne am Genfer See gemacht. Am nächsten Tag wartete bereits das nächste Abenteuer.
Au Revoir, Serge
Spiele zwischen diesen beiden Teams bei Kopane.de: 1
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