Bonjour
Teil zwei unseres Schweiz-Wochenendes.
Diesmal begaben wir uns in die Niederungen der zweiten Schweizer Liga nach Nyon. Einer kleinen Stadt am Nordwestufer des Genfersees im Kanton Waadt. Der FC Stade Nyonnais aus dem französischsprachigen Teil der Schweiz spielte gegen den FC Aarau aus dem Kanton Aargau im deutschsprachigen Teil. Der FC Stade Nyonnais spielt, seit 2023 wieder in der Challenge League, nachdem man 2012 abgestiegen war. Mit dem FC Aarau kommt ein Schwergewicht der zweiten Liga nach Nyon. Der Club konnte in seiner Geschichte bereits 3 x die Schweizer Meisterschaft erringen. Beide Vereine haben eine lange Geschichte. Der FC Stade Nyonnais wurde 1905 gegründet und der FC Aarau 1902.
Nachdem der trockene Teil geklärt ist, rein ins Geschehen.
Fast hätte ich die unwichtigste Information unterschlagen. Die UEFA-Administration hat ihren Sitz ebenfalls in Nyon.
Wir verließen unser Gourmet-Hotel in Lausanne und fuhren die paar Meter nach Nyon. Unser Ziel war das Château de Nyon. Vom Schloss aus hat man einen großartigen Blick über den Genfersee. Leider war er an diesem Tag getrübt, weil es Hunde und Katzen regnete. Die Zeit bis zum Spiel haben wir, im Senioren-Style, in einem Kaffee überbrückt. Über die Kosten dieser Unternehmung hüllen wir den Mantel des Schweigens. Auf dem Weg zum Auto beobachteten wir eine Motorradkollonne. Auf jedem Motorrad saßen jeweils zwei schwarz gekleidete Polizisten in voller Riot-Montur. Der Sozius hatte das Gummischrotgewehr umhängen. Man hört öfter von Fanszenen, die Bekanntschaft mit dieser Waffe gemacht haben. Das Schrot fliegt oftmals unkontrolliert umher bzw. prallt irgendwo ab und erwischt nicht selten Unbeteiligte. Ein junger Mann verlor in Zürich, beim Einsatz von Gummischrot sein Augenlicht. Seit 1980 sind 30 Fälle mit Augenverletzungen bekannt. Noch zeigen die Anstrengungen zum Verbot von Gummischrot keine Wirkung. Da können wir Deutschen uns fast schon glücklich schätzen, uns ab und an Pfefferspray aus den Augen spülen zu müssen.
Bevor man uns zuparkte bzw. die Straße sperrte fuhren wir zum Centre sportif de Colovray. Das Stadion wurde 1991 eröffnet und bietet 7.200 Menschen Platz. Wir hatten Plätze auf der einzigen überdachten Tribüne und das war bei dem Wetter auch nicht die dümmste Entscheidung. Die drei anderen Seiten des Stadions waren nicht ausgebaut, also mussten es sich die Auswärtsfans am Spielfeldgeländer gemütlich machen. Wegen der Wetterverhältnisse standen Teile des Rasens unter Wasser und wurden, bis kurz vor Anpfiff, von fleißigen Helfern (mehr oder weniger erfolgreich) trockengelegt. Kurz vor Anpfiff liefen die Fans aus Aarau ein und platzierten sich in der Nähe der Mittellinie. Freunde aus Mainz und Salzburg (Austria) konnten wir, bis auf einen lila Mütze, nicht erkennen. Wer mehr zur Fanszene Aarau lesen möchte, dem sei das Credo Nr. 7 ans Herz gelegt. Die „aktive“ Fanszene von Nyonnaise bestand aus drei Jungen mit Trommel, einer Zaunsfahne und einem Schwenker. Diese standen, getrennt durch einen Zaun, neben den Fans aus Aarau. Für ein Tête-à-Tête hätte man einfach über den Handlauf springen müssen und entlang der Außenlinie zu den Heimfans laufen. Dies wäre allerdings an diesem Tag mehr als unangemessen gewesen und so kümmerte sich Aarau um sich selbst bzw. um den Support ihrer Mannschaft. Es waren schätzungsweise 50 – 60 schwarz gekleidete Anhänger an den Genfer See gereist. Die Werbebande wurde anständig beflaggt und der Support war absolut okay. Vor dem Spiel wurde die Aufstellung, wie in der Schweiz üblich, zweisprachig bekanntgegeben. Nach Anpfiff legte die Mannschaft aus Aarau los wie die Feuerwehr. Es wurden riesige Chancen ausgelassen. Man muss fairerweise sagen, das ein gutes Fußballspiel, bei den Platzverhältnissen nicht möglich war. Lange Pässe konnten nicht getimed werden und ständig blieb der Ball in Pfützen liegen. Ein Wunder das überhaupt gespielt wurde. Wegen des unkoordinierten Gestolpers auf dem Acker verlegten wir uns auf das Beobachten der Gäste. Trotz der Umstände und eines Gegners an dem man sich nicht hochziehen konnte, legte die Fanszene Aarau einen guten Auftritt hin. Der schwarze Haufen machte auch optisch etwas her. Das Spiel gewann, Nyon mit 4:0 und keiner wusste warum. Die Aarauer wurden mit jedem Gegentor leiser und am Ende lagen zwei Werbebanden auf dem Boden. Die Gastmannschaft verschwand grußlos in den Katakomben und die Spieler des Heimteams quatschten mit angehörigem am Zaun. Das war schon alles recht familiär hier. Für alle die Spektakel erwarten ist Nyon sicher nicht die 1. Wahl, für einen Sonntagnachmittag am Genfersee war es okay.
Au revoir Serge
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