13.03.2011, 16:00 Uhr
FK Austria Wien – SK Rapid Wien
Wien, Franz-Horr-Stadion
1. Liga Austria – 13.100 Zs. – 0:1
Nach dem Früstück am Morgen ging es weiter nach Wien. Bissl Stadtbesichtigung und ordentlich zu Mittag essen. Da ich Wien persönlich nichts abgewinnen kann und die meisten sicherlich schon mal dort waren, kann sich jeder sein Bild über diese Stadt selber machen. Auf mich wirkt hier alles wie gewollt und nicht gekonnt. Der Dialekt setzt dem ganzen noch die Krone auf. Wien? Nein danke!
Angekommen am Franz-Horr-Stadion, dass durch seine Lage überhaupt nicht gefallen kann, gingen wir froher Erwartungen über den berühmten Kreisel. Außer einer Gruppe von 20 Personen die in der Modefarbe Schwarz auflief und sich in Richtung Gästeblock in Bewegung setzte gab es nichts Nennenswerte zu sehen. Vorbei an der Tankstelle, an der sich gerade die sportlich aussehenden Violetten mit mit uns in Richtung Stadion bewegten, rüber zur Gegengerade und ab ins Stadion. Viel gab es noch nicht zu sehen. Rapid hing gerade die Fahnen auf und Austria war mit der Choreo beschäftigt. Plötzlich setzte sich ein größerer Rapidmob aus dem Stadion in Richtung des Eingangs in Bewegung. Der Grund war, dass mehrere Rapidler mit den schwarzen Pullovern, bei denen man bestenfalls gar kein Gesicht mehr erkennt, nicht ins Stadion durften. Rapid formierte sich un oberhalb der Treppe zum Eingang und die Polizei bezog unterhalb Stellung. Ein paar Minuten standen sich beide Seiten gelangweilt gegenüber, Rapid wollte schon wieder in den Block zurück gehen, als plötzlich einer aus dem Mob ein Bengalo auf die Cops warf. Diese mussten nun die Treppen hinauf rennen und die Rapidler zurück drängen. Sehr widerwillig wohl gemerkt. Vor dem Block ging es dann noch bissl hin und her. Ein Wroclawer flog noch in die Cops, diese räumten Mülltonnen beiseite, verwiesen einen Grün-Weißen mit Sturmhaube des Stadions und die WEGA-Einheit (vom früheren Namen Wiener Einsatzgruppe Alarmabteilung abgeleitet, quasi die BFE/ das USK aus Österreich) schnappte sich noch zwei Sündenböcke und führte diese ab. Danach war Ruhe, Rapid ging in den Block zurück und hing alle fünf Fahnen wieder ab und ließ nur einen ACAB-Doppelhalter am Zaun.
Zum Intro gab es bei der Austria das Spruchband „Verteilerkreisflavour – die Wiener san do – olle Schals in die Heh‘ für die Violashow…“, Folienschals die wie folgt angeordnet waren: Lila – Weiß – Rot – Weiß – Lila. Dazu noch ein paar Doppelhalter im Unterrang mit Musikboxen drauf und im Oberrang eine lila-weiße Schalplatte die sich drehte. Dazu sang das ganze Stadion den „12. Mann“ aus Elbflorenz……Ach nee….den bildete ich mit nur ein gehört zu haben, nach dem mich durch diese Choreo an unsere gegen Hansa erinnert wurde. Die Choreodurchführung klappte gut, nur die Idee war nicht neu. Am Capoturm im Oberrang hing auch noch eine kleine Fahne mit der Aufschrift: „Wien und Essen – fanatisch und besessen“. Na Hut ab. Hier ham sich zwei gesucht und gefunden. Nach der Choreo legte Austria auch gleich gut los, doch viel hören konnte ich davon nicht, da ich zu nah an Rapid saß. Die Grün-Weißen begannen das Spiel mit einer satten Pyroshow. Oftmals heißt es ja von vielen „Ultras“ aus verschiedenen „Ultragruppen“, dass Rapid die beste deutschsprachige Szene ist. Meiner einer erwartete nun Wunder in Sachsen Support. Eine Meute die 90 Minuten am Rad dreht und in Lied mit 2.000 Strophen über die ganze Spielzeit singt. Und was bekam man geboten? Wenig Text, viel lalala, lololo, allez, Rapid und Rapid Wien. Und vor allem Lieder die ich schon alle kannte. Und das ist nun die beste deutschsprachige Gruppe (ab und an sangen auch nur ein paar Hundert), von der Gruppen in Deutschland reden, die sich auf Krampf mit utopischen Texten von der Masse abgrenzen? Achso, ich vergaß: Rapid ist die beste Gruppe, da sie eine große Maße mobilisieren kann. Gebe ich euch recht. Doch habt ihr Hirnis schon mal überlegt warum das so ist? Weil sie einfache Lieder haben, bei denen jeder mindestens die Melodie kennt. Des Weiteren stehen im Block West Personen, die wissen warum sie dort stehen und nicht irgendwelche Honks, die nur dort stehen, weil es billig ist. Das Ziel sollte es immer sein die Masse zu erreichen und diese zum Support anzuregen. Wenn dies nicht der Fall ist, manövriert sich „Ultra“ in Deutschland selbst ins Abseits. Auch schön, dass die „Ultras“ in Deutschland immer sagen, dass sie etwas besonderes sein wollen. Durch den Hang zur Perfektion aber genau das schaffen, was die EU und die deutsche Politik vorleben: eine Elite, die man nicht mehr ernst nehmen kann. Aber leider besitzt der Deutsche ein Gen, dass ihn zur Perfektion zwingt. Deshalb frage ich mich auch immer, ob es in anderen Ländern auch solche Diskussionen um Support und Ausrichtung von „Ultra“ gibt, oder ob die einfach nur machen. Etwas was man hier anscheinend nicht kann. Denn in Deutschland erklären mir ja schon 16-Jährige im BFU-Leserbrief warum sie so „Ultra“ sind. Ihrer Aussage sind sie anders weil sie „Ultra“ sind. Völliger Quark mit Soße. Die sind „Ultra“ weil sie anders sind. Das könnten auch alles militante Greenpeaceaktivisten werden. Wenn sie denn so anders wären. Aber sind „Ultras“ in Deutschland wirklich so anders wie der Rest der Gesellschaft? Wenn dem wirklich so wäre, würden alle einen wirklich alternativen Lebensweg einschlagen. Zum Beispiel nach Goa auswandern. Aber nein, man beugt sich trotzdem dem System, geht zur Schule, konsumiert Alkohol, geht zur Disko, geht Wählen, lernt einen Beruf, gründet bestenfalls eine Familie, kauft sich ein Auto und baut sich ein Haus. „Ultra“ in Deutschland wird meiner Meinung nach von den „Ultras“ in Deutschland überbewertet und verliert dazu den Bezug zur Basis, der geeinten Fanszene eines Vereines. Und grundsätzlich ist es die Eigenschaft jeder Subkultur gegen das Establishment zu rebellieren. Wie ich auf diesen harten Tobak komme, den ich gerade niedergeschrieben habe, wollt ihr jetzt sicherlich wissen. Tja, dass alles ging mir durch den Kopf, als ich mich bei dem schwachen Spiel in der ersten Halbzeit und dem Dauersingsang von Rapid einfach mal ausgeklinkt hatte und in meiner Gedankenwelt herum kurvte.
Die zweite Halbzeit begann mit einer Pyroshow auf beiden Seiten. Dazu zeigte Austria noch das Spruchband „Tausende Lichter und viele mehr, motivieren uns in Durchgang II noch einmal alles zu geben um so sehr“. Rapid zog in der zweiten Hälfte noch mal den Support an und konnte spätestens mit dem 0:1 die Stimmgewalt im Stadion für sich gewinnen. Utopisch wie der Torschütze sein Tor feierte. Er sprintete zum Gästeblock und warf sich in das Netz vor dem Block und schrie dabei seine Emotionen heraus. Einen großen Negativpunkt hab ich allerdings für Rapid im Umgang mit Pyrotechnik: es wird zwar über die Kampagne „Pyrotechnik ist kein Verbrechen“ mit einem verantwortungsvollen Umgang mit Pyrotechnik geworben, doch ob es verantwortungsvoll ist zu versuchen die Bengalos und Co. auf Krampf auf die betonierte Fläche vor dem Gästeblock zu werfen, was durch ein vor den Block gespanntes Netz erschwert wird, stell ich mal in Frage. Nicht wenige Bengalos prallten am Netz ab und flogen zurück in den Block und fielen dort auf Köpfe, Hände und einen Rucksack voll Fahnen.
Nach dem Abpfiff ging es dann schnurstracks zum Auto. Auf dem Weg dorthin wurde ein Rapidler noch im besten Wiener Schmäh von einem Violetten beleidigt.Hätte der Violette das zu mir gesagt, ich hätte ihn ausgelacht, was ich auch so schon getan hatte. Das ist mir Schwäbisch ja noch lieber. Die Rückfahrt gestaltete sich informativ, voller Diskussionen und ich fand es recht angenehm, mal nicht mit den üblichen Nasen unterwegs gewesen zu sein. (goju)
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Bin gerade über diesen Bericht gestolpert und muss sagen: Du hast in vielen Punkten recht! Monotoner Singsang mit lalala mißfällt mir auch immer mehr an deutschsprachigen Kurvem im Ganzen und Ultragruppen im speziellen. Ebenso schlimm finde ich aber auch eine kraftlose Kurve, welche sich nur auf 08/15 Brachialklassiker (kommen ja manchmal ganz geil, doch man sollte nicht 5-mal in der Halbzeit singen) und klatschbaren Partymelodien aufbaut. Doch wenn du ehrlich bist, musst du feststellen, dass eben genau das mittlerweile im K-Block gang und gäbe ist. Ich mach dir da keinen Vorwurf, jedoch finde ich es sehr ärgerlich, dass „Die Legende aus Elbflorenz“ ohne Text gesungen wird, damit das Sitzplatzpublikum und die K1/K5-Suffis das Ding mitklatschen können. Und das stört mich eben auch, dieses immer die Masse mit einbeziehen. Oben sagtest du, dass Rapid nur gut die Masse mitbringen könnte, aber ist es im K-Block denn anders? Quantitativ guten Support habe ich in dieser Saison z.B. gegen Karlsruhe schon gesehen, aber an den letzten guten qualitativen Support, da muss ich mich schon weit zurückerinnern.
Ist trotzdem ne super Seite und vielleicht sieht man sich ja mal beim hoppen und kann mal beim Bier über solche Sachen diskutieren.