Wasch‘ es, schäl‘ es, koch es – oder vergesse es
Willkommen in Ägypten Dezember 2007
Alles begann an einem sonnigen Morgen in Praha beim Spiel Dukla Praha B – SK US Praha am 16.09.07. Damals fragte ich den fuxx, wo denn im Winter die Sonne scheint und zusätzlich Fußball gespielt wird. Eine von vielen Antworten war Ägypten. Die Woche darauf schaute ich mir die Ansetzungen im Monat Dezember an und fand immer mehr Gefallen daran, Weihnachten entschlossen zu ignorieren und einfach mal abzuhauen.
Nach den Ansetzungen wurden nun die Flüge gecheckt. In meiner Preislage war erst mal nichts dabei. Beziehungsweise war Hurghada mit seinen blasen und schwabbeligen Touristen nicht mein Ziel. Doch da der fuxx auch selbigen Gedanken gefasst hatte, ereilte mich eines Tages im November dann ein Anruf von ihm. Inhalt: „Hab grad bei tuifly Flüge für 140 Euro p. P. Genau der Zeitraum, den wir brauchen.“ Kurz überlegt und dann wurde schon gebucht. Wie macht der das bloß? Ich guck 100x nach einem billigen Flug und finde nichts und der guckt einmal nach und hatte gleich ein Flug zur Hand. Ist glaub ich mal ein Fall für den Erich von Däniken.
Das sich nun noch der Spielplan auf Grund des Afrika-Cupes geschätzte einhundert mal änderte, konnte keiner ahnen. Anfangs hatte man eine Masse an Spielen zur Auswahl, da dachte man schon, dass es mit Kultur nichts wird. Fast jeden Tag war mindestens ein Spiel möglich. Doch der ägyptische Fußballverband vergaß, dass sich Ligabetrieb und Vorbereitung für den Africa-Cup irgendwie überschnitten. So wurde vom Verband der Spielplan extrem zusammen gekürzt. Und das auch fast jeden Tag, so dass am Ende 10 Internetseiten 10 unterschiedliche Ansetzungen hatten. Soviel zur Vorplanung.
14.12.2007 – Tag der Abreise
Bis zum Mittag wurde bei mir gearbeitet, dann war Weihnachtsfeier angesagt. Mein Gehör schnappte hier und da mal ein paar Gesprächsfetzen auf, die sich letztendlich zu einem Konglomerat aus Sätzen ohne Sinn vereinigten und so eben auf Durchzug geschalten wurde. Nur noch Töne waren zu hören, der geistige Auge war schon längst an anderen Orten. Überpünktlich das Plätzchen- und Kuchenschlachtfeld geräumt und die S-Bahn nach DD bestiegen. DD-Hbf. den scooby begrüßt und den Zug gen Berlin geentert. Am Neustädter stieg noch der fuxx zu und schon hieß es: „Erlaubt ist was Spaß macht.“ Berlin Hbf. den Zug gegen einen Stadtbus getauscht, der uns zum Flughafen Tegel chauffierte. Ohne Probleme wurde eingecheckt und die Passkontrolle abgewickelt.
Start war 21:45. Ankunft in Kairo samstags Morgen um 2 Uhr in der Frühe.
„Wer Kairo nicht gesehen hat, hat die Welt nicht gesehen. Ihre Erde ist Gold, der Nil ist ein Wunder und ihre Weiber sind wie die schwarzäugigen Jungfrauen im Paradies. Sie ist die Mutter aller Städte. Sie ist die Mutter der Welt.“ *aus dem Märchen „Tausendundeine Nacht“
Visa, Passkontrolle alles ohne Problem, aber sehr Zeit aufwendig. So zeitintensiv, dass der vom Hostel gestellte Taxiservis nicht mehr warten wollte und ohne uns die Fahrt nach Kairo antrat. So musste erst mal ein Taxi gesucht werden, welches dann auch, nach dem die ganzen anderen lästigen Taxifahrer abgewimmelt waren, gefunden wurde. Mit dessen Fahrer wurde sich dann darauf geeinigt, dass das Hostel zahlt, welches es dann auch tat.
Nun konnten die ersten sanften Berührungen mit dem Straßenverkehr in Kairo gesammelt werden. Und wenn ich ehrlich bin, hab ich eigentlich schon nicht mehr dran geglaubt, dass wir das Hostel jemals erreichen. Spätestens als der Taxifahrer mit ca. 100 km/h aus einer Seitenstraße heraus auf eine Hauptstraße fuhr und dann aber erst mal mitten auf dieser bremsen musste, da ja doch noch ein paar andere Autos unterwegs waren. So standen wir nun mitten auf der Straße, die eigentlich nur überquert werden sollte. Von rechts kamen Autos laut hupend und mit Lichthupe auf uns zu, um dann im letzten Moment doch noch auszuweichen. Wer nun denkt, dass das nur ein kurzer Moment der Unachtsamkeit war, die den Taximanne volles Karacho auf die Straße fuhren ließ, der irrt. In der Innenstadt wurde dann bei roten Ampeln an der Kreuzung einfach nur kurz gehupt und dann volle Lotte über die Kreuzung gerauscht. Getreu dem Motto: „Ich hab gehupt, ich hab Vorfahrt!“
Nach ca. einer Stunde wurde dann auch mal das Hostel gefunden und eingecheckt. Als wir noch so vor dem Hostel standen, fing plötzlich an der Muezzin via Lautsprecheranlage zum Gebet zu rufen. Na toll. Wenn das hier jeden Morgen um 5 Uhr früh so ist, kann das ja heiter werden. Gute Nacht.
15.12.2007, 14:30 Uhr
Al-Tersana – Aluminium Nag Hammadi
Giza, Mit Okba Stadium
1. Liga – ca. 2.000 Zs. – 1:0
Am Morgen der erste Blick auf Kairo bei Tag aus dem Fenster war schon ernüchternd. Ein Meer von Abrisshäusern tat sich auf. So zumindest meine Gedanken.
Vom Hostel aus ging es nun gegen 12 Uhr zu Fuß nach Giza/Tersana. Über die Nilinsel Gezira und durch den Stadtteil Zamalek, der im 20. Jahrhundert extra für Europäer erbaut wurde.
Man glaubt es kaum, aber wir setzten uns freiwillig dem Straßenverkehr aus. Und das auch noch als Fußgänger. Aber so kann man wenigstens erst einmal ein paar Eindrücke dieser Stadt aufnehmen. Und ich muss sagen: einfach nur krass!
Fußgängerüberwege haben hier keinen Wert. Okay, sind wir ja aus Tschechien und Co schon gewohnt, dass man erst einmal schauen muss, ob wirklich keiner kommt und dann erst laufen kann. Aber was tun, wenn ständig ein Auto nach dem nächsten kommt. Stehen bleiben? Nein, denn dann würde man bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag stehen. Einfach Augen zu und im Reißverschlusssystem durch die Autos bewegt. Ein Auto fahren lassen, zur nächsten Spur gelaufen. Wieder ein Auto fahren lassen und zur nächsten Spur gelaufen und immer so weiter. Oder man schließt sich einfach den Einheimischen an und läuft mit denen über die Straße. Auf dem Weg zum Tersana Stadion (immer der Straße des 26. Juli bis Al-Gisa (Giseh) folgen) überrollten einen dann die Eindrücke wie eine Lawine. Hier Menschen, die eine Wasserpfeife rauchen, fast daneben wird mitten auf dem Bürgersteig ein Schaf geschlachtet, daneben werden Textilien verkauft und was am meisten auffällt: die hupen hier nicht, um jemanden zu warnen. Nein, die Hupen hier anscheinend einfach so aus Spaß an der Freude. Und überall liegt Müll. Sprich: Kairo ist eine extrem laute und dreckige Stadt – eine wahre Großstadt.
Nach etlichen Straßenüberquerungen standen wir dann am Tersana Stadion. Gegenüber liegt das vom Zamalek Club, welches aber nur für das Training genutzt wird. 10 ägyptische Pfund mussten wir für ein Ticket abdrücken. Der Wechselkurs liegt bei 8 ägypt. Pfund für 1 Euro. Rechnet es selber aus, was wir für dieses Erstligaspiel bezahlt haben. Ist ja nicht schwer. Da nun aber noch genug Zeit bis zum Spiel war, gingen wir dazu über noch ein wenig das umliegende Viertel zu erkunden. Der fuxx redete immer von „Planet der Affen“. So ähnlich sah es auch aus. Wer die Filme kennt, kann es sich ja jetzt vorstellen. In der Stadiongegend standen utopische Platten, lagen Berge von Müll und wurden Ziegen und Schafe in Hauseingängen gehalten. So laut, dreckig und chaotisch Kairo nun aber ist, so freundlich sind die Menschen. Egal wo wir lang liefen, immer wieder hörten wir „Welcome to Egypt“. Selbst als wir in einem Straßencafe saßen, hieß es immer wieder „Welcome to Egypt.“ Ein Satz, den wir die nächsten Tage immer und immer wieder hören sollten. Egal ob von jung oder alt.
Kurz vor Anpfiff dann das Stadion betreten und einen Platz auf der Tribüne gesucht. Das Stadion von Tersana besteht aus einer Haupttribüne, die mittig überdacht ist und einer Gegengerade. Dazu gibt es noch einen Spielplatz und ein Kiosk, welches außerhalb von Spieltagen nur von Vereinsmitgliedern genutzt werden darf.
Unter dem Dach der Tribüne sammelte sich dann ein kleiner Haufen Fans, die ihre Mannschaften mit Trommeln in allen möglichen Arten und sogar einem Schlagzeug unterstützten. Schon ein wenig orientalisch angehaucht von den Klängen der Trommeln her. Im gesamten Stadion verteilt massig Polizei. Jeden Meter saß ein Polizist auf der untersten Stufe der Tribüne. Das Spiel war jetzt nicht so berauschend. Aber wo man den ägyptischen Fußball so einordnen soll, weis ich nicht. Zwar gehört er mit zum Besten was Afrika zu bieten hat. Aber mit Europa werden sie wohl nicht so schnell mithalten können.
Als wir dann in der Halbzeitpause im Kiosk Essen holten, kamen sofort ein paar Jugendliche und wollten mit uns reden. Da wir aber kein Arabisch sprachen und sie kein Englisch, blieb es eben nur bei Gesten und „Welcome to Egypt“. Nach dem Spiel wurde dann ein Taxi angehalten, welches uns auf schnellst möglichem Wege zum Arab Constructors Stadion am anderen Ende der Stadt bringen sollte. Wieder setzten wir uns dem Straßenverkehr aus. Anscheinend hingen wir nicht so am Leben. Aber ich muss sagen, dass bei all dem Chaos im Straßenverkehr es trotzdem flüssig voran geht. Da wird halt mal auf einer zweispurigen Straße eine 3. und 4. Spur aufgemacht. Oder wenn überholt wird, wird halt bloß kurz gehupt und dann auf dem Mittelstreifen zwischen zwei Autos mit voller Geschwindigkeit durchgefahren. Auch wenn mal ein Auto zu nahe kommt stört das keinen. War aber allerdings für mich schon teilweise zu nah. So fuhr uns der Taxifahrer am Al Ahly Stadion vorbei über die Hochstraße bis nach Nasre City zum Spiel…