Grüezi!
Ligaauftakt in der Super League.
Das Vorhaben, das Spiel der Berner gegen den Meister FC Zürich zu besuchen, scheiterte kläglich. Den Versuch an Karten zu kommen habe ich irgendwann einfach aufgegeben. Schade das es nicht geklappt hat, denn Bern hat den Zürichern mit 4:0 ordentlich den Arsch aufgerissen.
Aber, es gab einen Plan B. Wobei das keinesfalls abwertend klingen soll, schließlich hatte das Spiel einiges zu bieten. So spielte der Aufsteiger aus Winterthur gegen das Ligaschwergewicht aus Basel.
Winterthur ist, nach 37 Jahren, auf das Erstligaparkett zurückgekehrt und, bis auf die ein oder andere Begegnung im Schweizer Cup, hat man ewig nicht mehr in einem Punktspiel gegeneinander gespielt. Darüber hinaus bietet das Stadion Schützenwiese, mit seinen unüberdachten Hintertorgeraden einiges an Pyromöglichkeiten.
Ohne Ping, die mit ihren Mädels in Frankreich Käse fressen und Wein saufen war und ohne den Kulturbeauftragten, der Bereitschaft hatte, habe ich mich in Mannstärke 1 auf den Weg in mein erklärtes Lieblingsland (naja den Platz teilt es sich mit Tschechien) gemacht.
Weil ich elendig viel Zeit hatte und nicht der Erste im Stadion sein wollte, habe ich einen Abstecher zum Rheinfall nach Schaffhausen gemacht.
Kann man sich mal antun, wenn man in der Nähe ist und mal erleben will, welche Kraft Wasser hat.
Etwa gegen 19:30 Uhr kam ich, bei herrlichem Wetter, in Winterthur an. Nichts erinnerte an Fußball, keine Bullen, kaum Fans auf der Straße und keine Graffiti, alles total entspannt.
Auf dem Weg zum Stadion gönnte ich mir eine mitgebrachte Dose Coke Zero. Diese Dose drapierte ich neben einem Mülleimer, um später die 0,25 € Pfand wieder mit in die Heimat nehmen zu können. In Zeiten von 1.000 € - Nebenkostennachzahlungen hat der gemeine Sachse nichts zu verschenken.
Im Gegensatz zum letzten Mal, als ich mir ganz Gentlemanlike die Haupttribüne gönnte, hatte ich diesmal ein Ticket für einen Stehplatz auf der Gegengeraden, für immerhin auch noch 30 Stutz. Wie sagte der stille Teilhaber mal so treffend: „in der Schweiz sind wir die Tschechen“.
Wie immer in der Schweiz, wurde auf lästige Kontrollen am Eingang verzichtet. Hier glaubt man entweder nicht an Leibesvisitationen oder respektiert einfach nur die Privatsphäre.
In weiser Voraussicht habe ich meinen Kadaver in der Nähe des Gästeblocks abgestellt.
Der Zaun war bereits beflaggt und ein paar Mülltonnen wurden Richtung Zaun gehievt, damit die Capos etwas hatten, worauf sie sich stellen konnten. Hier muss Winterthur noch ein wenig nachbessern.
Die Basler sind mit dem Extrazug angereist, für den im Vorfeld Werbung gemacht wurde, und haben den Block ordentlich gefüllt. Auch auf den Fressständen hat sich der Ein oder Andere ein Plätzchen mit Ausblick gesichert. Bereits lange vor Anpfiff wurde sich auf Basler Seite eingesungen.
Die Seite der Winterthurer war ebenfalls gerammelt voll, es war also alles angerichtet.
In Winterthur immer wieder schräg, wenn jeder Spieler, zusammen mit einem Werbepartner ausgerufen wird: „Spieler XY, patroniert von Banque Nazigold“ etc. Schöne neue Fußballwelt.
Zum einlaufen gab es “hells bells“, kennt man ja von Pauli.
Von Basel gab es, zum einlaufen, jede Menge rot / blauen Rauch.
Das hat sogar dem Kosmonauten über der Winti-Kurve gefallen. Leider konnte mein schweizer Nachbar mit nicht erklären, was es mit dem Kosmonauten auf sich hat. Ich behaupte jetzt einfach mal, es ist Sigmund Jähn. Und mal ehrlich, wer soll es denn auch sonst sein? Im übrigen ist „Winti“ allgemeiner Sprachgebrauch, wie die Schweiz – Connoisseure wissen.
Winti hat eine Choreo hochgezogen, die den Blick durch die Frontscheibe eines Autos darstellen sollte und durch diese sah man die Autobahnschilder der neuen Ligadestinationen. Am Rückspiegel hing auch noch stilecht ein Winterthur-Wimpel, wirklich schöne Idee und irgendwie putzig.
Die erste Halbzeit war sehr kurzweilig, Winti hat ordentlich Druck gemacht und konnte sogar den Führungstreffer erzielen. Auf unserer Gegengeraden gab es jede Menge Bierduschen. Bis zur Pause wurden sogar noch beste Chancen für weitere Treffer liegen gelassen. Basel hatte, bis auf einen Lattentreffer, keine Chancen. Mit dem 1:0 ging es in die Pause und Sigmund Jähn war zufrieden.
In der Pause wurde die zweite „immer witer“-Zaunsfahne am Basler Block angebracht. Die erste gab es zur Rauchshow bei Anpfiff. Auch wurden wieder schwarze Jacken angezogen. Es würde also etwas passieren. Ich war gespannt.
Zu Beginn von Hälfte 2 gab es eine Rauchshow der Winterthurer, Sigmund war komplett von rot / weißem Rauch eingehüllt und auch das Spiel konnte, wegen der eingeschränkten Sicht, nur mit Verzögerung beginnen.
Auf Basler Seite hat man Silvester vorgezogen und einiges an Feuerwerk verschossen, die Raketen detonierten zum Teil direkt vor unseren Plätzen. Das war schon mal ein schöner Auftakt.
Winti machte da weiter, wo sie aufgehört hatten. Sie ließen eine Großchance nach der Anderen liegen. Sogar ein Alleingang auf Basler Tor wurde verdattelt oder hatte der Torwart der Basler einfach nur einen Sahnetag? In jedem Fall zeigt sich, das Winterthur nicht umsonst aufgestiegen ist, die Jungs können Fußball spielen.
Ich erinnere mich an eine Phase, da gab es fünf Ecken hintereinander und Basel kam nicht aus der eigenen Hälfte heraus.
Was die Basler Fans allerdings konnten, war das bepöbeln und bewerfen der Winterthurer Eckenschützen, herrlich.
Gegen Ende musste Winti dem Tempo Tribut zollen und Basel erzielte, kalt wie eine Hundeschnauze, den Ausgleich. Das Tor wurde mit reichlich Bengalen gefeiert.
Die Stimmung war das ganze Spiel über richtig gut. Fairerweise muss ich zugeben, dass ich das nur vom Block der Basler beurteilen kann, da der Heimblock, von meinem Platz, zu weit weg war. Es war jedenfalls immer Bewegung im Heimblock.
In der 90. Minute wurde die dritte „immer witer“ Zaunsfahne aufgehängt und die schwarzen Jacken wurden ebenfalls wieder übergezogen. Dieser Umstand sorgte für Fragezeichen über meinem Kopf, schließlich ging das Spiel doch lediglich 1:1 aus.
Aber, in der Schweiz ticken die Uhren anders und so wurde, nach Abpfiff, der Himmel von jeder Menge Raketen erhellt, ein herrliches Spektakel. Man munkelt, sogar Sigmund Jähn hat sich erschrocken.
Die Winterthurer haben, wie nach jedem Spiel, ihre Pfandbecher auf dem Platz entsorgt, um damit ihr Frauenteam zu unterstützen. Eine schöne Tradition wie ich finde. Der Kulturbeauftragte berichtete ja bereits darüber.
Das Spiel sahen am Ende 8.400 Zuschauer (Kapazität 8.550), die sicherlich zufrieden nach Hause gingen. Für Winti war es ein toller Start in ein aufregendes, neues Kapitel und für die Basler war es kein wirklicher Fehlstart, schließlich steht man vorm FCZ.
Ich verabschiedete mich von meinem schweizer Nachbarn und von Sigmund Jähn und machte mich auf den dreistündigen Heimweg. Aber HALT, da war doch noch was. Sparfüchse und Geizhälse wissen was gemeint ist. Ich trat den Heimweg natürlich nicht ohne meine Pfanddose an. (Serge)