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Heute wurde sich zum ersten Mal in zwei Teams aufgeteilt. Eine Gruppe in Form des der stille Teilhaber, der Südbrandenburger, BanjaLucas und mir fuhren raus nach Florencio Varela zum Spiel CSD Defensa y Justicia gegen CA Tucumán. Der Sportliche und M. hatten das Spiel von Club Sportivo Dock Sud auf dem Zettel. Da dieser Verein wie sein Name schon sagt im Stadtteil Dock Sud beheimatet ist und wir aus diversen Berichten in Fanzines, Erzählungen anderer Fußballreisender und Dokumentationen erfuhren, dass dieser Teil der Stadt sehr gefährlich ist und selbst die Uberfahrer uns sagten „ Dock Sud? Pistola Peng Peng!“ entschieden wir nicht mit sechs Mann dort auf zulaufen. Der Sportliche wird zu ihren Spiel einen separaten Text schreiben und seine Erlebnisse schildern. Was ich persönlich sehr interessant finde. Vielen Dank dafür, mein Freund!
Nu denn, starten wir in den Tag.
Endlich konnte wir mal wieder ausschlafen. Was für mich Gold wert war. Mein Team musste dann erstmal schmerzlich erfahren das Ostersonntag kein Schwein uns Touris die Sim-Karte aufladen wollte. So mussten wir notgedrungen die einstündige Fahrt an den Rand der Megametropole Buenos Aires ohne Internet antreten. Die Fahrt bestand aus Pläne schmieden, wie wir wohl schnellstmöglich nach dem Kick wieder in die Stadt kommen würden, da am Abend ein Highlight der Reise, die Bombonera, anstand und da musste einfach alles passen.
Der Weg in den Außenbezirk war wieder sehr wechselhaft, von heruntergekommenen Bretterbuden bis zu kleinen ordentlichen Vorstadthäusern war alles dabei. Am Zielort angekommen verhandelten wir noch mit unseren Uberfahrer, dass dieser uns nach dem Spiel wieder abholen kommt. Da wir erstens sehr weit draußen waren und zweitens kein Internet und somit überhaupt keine Möglichkeit hatten ein Uber rufen zu können.
Wir hofften das er unser Anliegen verstand und auch unser Geldangebot ihn lockte. Auch bei diesen kleineren Spiel waren wieder mehrere Kontrollpunkte eingerichtet.
Dies waren wir schon gewohnt und quatschten uns gekonnt, ohne Tickets, durch. Verwundert waren wir aber schon, dass die Ordnungshüter meinten es gibt keine Karten zu kaufen.
Am letzten Checkpoint in Sichtweite des kleinen Estadio Norberto Tito Tomaghello ging es dann tatsächlich nicht weiter. Es war das erste und einzige Spiel in Buenos Aires bei welchen es nur einen Onlinevorverkauf gab. Schöner Mist, warum das denn nun auf einmal? Also wurden wieder die traurigen Mienen und Gestiken rausgekramt. Was letztendlich den Oberordner auf den Plan rief.
Diesen versuchten wir mit ausführlichen Erklärungen zu erläutern, dass es für uns als Europäer nicht möglich ist Karten online zu kaufen, da unsere Kreditkarten doch nicht akzeptiert werden und wir nun bewusst ohne Tickets den weiten Weg raus zu ihren Verein gefahren sind. Flunkern hilft da immer. Das leuchtete ihm auch ein und er funkte mal ins Stadion durch, dass hier vier Gringos um Einlass bitten. Nach einigen Minuten kam ein Vereinsverantwortlicher im schnieken Anzug und zurück gegelten Haaren. Kurz hörte er uns zu, um sofort vier entradas gratuitas aus der Anzugstasche zu ziehen. Er bat uns stolz und freudestrahlend herein. Wir merkten immer wieder den Menschen an, dass sie sich freuten uns helfen zu können, vor allem bei kleinen Vereinen oder in Alltagssituationen.
Eine kleine Traube an Defensa Fans welche das Spektakel mitbekommen hatten und unsere Situation verstanden, fingen nun an zu klatschen und zu johlen. Unter Applaus passierten wir den letzten Checkpoint. So mussten sich die DDR Bürger 1989 gefühlt haben als sie über die Grenze gelassen wurden und BRD Bürger dies mit ihnen feierten. Begrüßungsgeld gabs diesmal zwar nicht, aber wieder hat unsere Charmeoffensive geholfen.
Der Vereinsverantwortliche ging mit uns zum Eingang und empfahl uns auf dem Weg noch ein Schnitzel zu essen, welches wohl das beste von ganz Argentinien sein sollte. Wir Luis hatten zwar keinen Hunger, taten den Mann aber den Gefallen, da er für die Tickets auch kein Geld wollte, was wir ihm trotzdem angeboten hatten.
Das Spiel war dann nicht so technisch versiert, Kampf betont und schnell, wie wir dies schon oft in Argentinien erlebt hatten. Defensa als Tabellenvierter quälte sich gegen den Tabellenvorletzten zu einen mageren 1:1. Da fragten wir uns schon, wie dieser kleine Club 2020 die südamerikanische Version des UEFA-Cups, die Copa Sudamericana und 2021 die Recopa Sudamericana der südamerikanischen Super-Cup gewinnen konnte.
Der Club Social y Deportivo Defensa y Justicia mit einen, ich meine mal, interessanten Vereinsnamen, mit geilen Clubfarben, spielt auch noch nicht lange im argentinischen Oberhaus mit. Gegründet zwar schon 1935, aber erst Erstklassig seit der Saison 2017/18. Die Vereinsfarben wurden komischerweise 1981 von Blau-Weiß in Gelb-Grün geändert, was mit einen Sponsor zu tun hatte und so nun mal gar nicht in unser Fußball Verständnis passt.
Die lokale La Banda de Varela hatte ihr kleines Stadion gut im Griff. Wieder geile Zaunfahnen, wieder Hinchas welche abgehen und durchdrehen, einfach Spaß haben, wieder Gesänge vom ganzen Stadien. Es hat Spaß gemacht, seien es die Kinder welche sich vor die Zaunfahnen an den Zaun klammerten um besser sehen zu können oder der Herr rechts neben uns, auf der Gegengerade, welcher beim Anpfiff und dem Tor ein Foto in seinen Portemonnaie küsste um danach in voller Innbrunst in die Gesänge ein zusteigen.
Es gab für mich genug Fotomotive. Auch als am Anfang des Spieles eine Blocki von rechts über den Heimblock gezogen wurde und dann wie Papier einriss. Wir dachten erst die Blockfahne wird gleich aus zwei Teilen bestehen, doch die Jungs und Mädels reagierten gut und konnten den Stoff packen und den Riss zusammen halten. Wir dachten auch öfters mal an unsere zwei Jungs im Dock Sud, dass alles in Ordnung bei ihnen ist. Per Handy nachfragen ging ja beidseitig halt nicht.
Nach dem Spiel ging es zum vereinbarten Treffpunkt mit unseren Uberfahrer. Die Gegend war zwar nicht sehr einladend, aber unsicher fühlten wir uns nicht und die Fans bzw. Bewohner um uns herum machten auch keinen furchteinflößenden Eindruck. Nach 30 min warten tauchte unser Uber auch auf, also alles gut und zeitlich passend. Während der Wartezeit konnten wir noch zahlreiche Schrottkarren genauer beobachten, welche auf den Straßen in hoher Dichte unterwegs waren. Schon putzig was hier so rumfuhr.
(Der Kulturbeauftragte)
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