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Was habe ich mir vor der Reise Gedanken gemacht. Was habe ich nicht schon alles gehört und gelesen. Passolig. Diese Fankarte hat mich jahrelang davon abgehalten eine Reise in die Türkei anzutreten. Doch nun wurde es Zeit. Istanbul. Die Mademoiselle und ich hatten sieben Tage volles Programm auf dem Zettel.
Die Passolig-App konnte ich für uns beide relativ problemlos drei Wochen im Voraus buchen. Knapp 15 € kostete der Spaß pro Person. Ich wusste aber schon, dass dies nicht mal die halbe Miete war. Als Abholort, für unsere beiden Fankarten, gab ich das Stadion von Fenerbahçe an, da ich auch das Heimspiel gegen Bodrum am Sonntag besuchen wollte. Aber eins nach dem Anderen. Nach Ankunft am neuen gigantischen Flughafen Istanbul, zweimal durfte ich dort schon umsteigen, ging es mit Sack und Pack los. Ich wollte heute gern zu Kasımpaşa Spor Kulübü. Unser Apartment war zufälligerweise nur 15 Minuten davon entfernt. Auch ohne die Passolig-Karte, wollten wir versuchen bei dem Haferspiel gegen Samsunspor vorstellig zu werden. Wir hatten auch einigermaßen zeitlichen Puffer nach unserer Landung, um zum Apartment zu machen, einzuchecken und den kurzen Spaziergang zum Recep Tayyip Erdoğan Stadyumu, sympathischer Name, zu laufen. Wäre doch putzig in Deutschland ein Olaf-Scholz-Stadion zu haben und irgendein Erstligist spielt darin. Aber lassen wir das. Doch der Verkehr zeigte uns hier in dieser Megastadt, wer das Sagen hat. So knüllte ich schon in der Buslinie 46T meinen imaginären Zettel zusammen. Istanbul verschluckte uns und spuckte uns mit reichlich Verspätung am Galata Kulesi aus. Selbst wenn wir pünktlich gewesen wären, hätten uns die Probleme am Apartment am Ende einen Strich durch die Rechnung gemacht. Bei der Buchung wurde uns ein Apartment mit Bosporus-Blick versprochen. Ich bin nicht weltfremd. Bei Booking stimmt sowas meistens nicht, so meine Erfahrungen. Aber das wir sieben Tage in einem Kellerapartment mit Luftentfeuchter welcher 24 Stunden durchlaufen sollte, weil wir, Überraschung, kein Fenster hatten einquartiert wurden, schlägt dem Pfälzerweinfass den Boden aus. Das könnt ihr vergessen. Selbst die Mademoiselle ging auf die Barrikaden. Die nette Mitarbeiterin an der Rezeption verstand, dass wir hier übers Ohr gehauen wurden und konnte mit ihrem Chef und ihrer Chefin, welche trotzdem arrogante Wichser waren, das Problem lösen. Wir durften ab Dienstag zwei Stockwerke nach oben wandern. Tja, nur nun war der Nachmittag dahin und es wurde schon langsam dunkel. Wir ließen uns von der Rezeptionistin noch ein Restaurant empfehlen und gingen erstmal Richtung Goldenes Horn ans Wasser. Was ein Ausblick auf den Stadtteil Eminönü, mit den Moscheen und Minaretten. Die Stadt machte uns schon auf diesen kleinen Spaziergang neugierig. Dann zum Restaurant und ins daneben gelegene Kneipenviertel. Die ersten Efes Pilsner und Bomonti gingen über den Tresen. Sofort fielen uns die vielen streunenden Katzen auf. Eine von den Rackern durfte ich bei unserer Rückkehr am Apartment, unsere Eingangstür für das Untergeschoss war von der Straße aus zugänglich, noch rausscheuchen. Die Mademoiselle machte die Tür nicht schnell genug zu…… na komm schon Mieze, du willst doch nicht freiwillig mit uns hier unten im basement übernachten. Sonntag starteten wir dann richtig in unseren Urlaub in Istanbul. Bei meiner Spiele-Recherche fand ich noch die Möglichkeit heraus, heute anstatt Fenerbahçe gegen Bodrum zu schauen, einen unterklassigen Doppler machen zu können. Und der Üsküdar Anadolu Spor Kulübü wirbt auf seiner Social-Media-Präsenz mit zündenden Unterstützern. Irgendwie traute ich dem Braten, Passolig bei Fenerbahçe am Stadion zu erhalten, nämlich nicht. Wie recht sollte ich doch deswegen behalten. Also den Doppler angesteuert und dies wurde mit den Öffentlichen angegangen. Die Istanbulkart war uns die sieben Tage ein treuer Begleiter. Unkompliziert, aufladbar und selbsterklärend. In der Nähe des Bahçelievler Stadyumu ausgestiegen und schon mal hingelaufen. Marginaler Andrang an der Haupttribüne. Kurz gefragt, ob alles passt und das 1. Amatör Lig-Spiel hier um 11:00Uhr stattfindet. Ein Nicken des Ordners, mit der Bitte uns förmlich in eine Liste einzutragen. Ok, warum auch immer? Am Anfang dachten wir, es geht darum, dass die Namen dokumentiert sind. Aber am Ende waren es wohl nur die Namen der Personen, die in den VIP-Bereich durften. Und VIP hieß Höhe Mittellinie zu sitzen. Na ja. So ging es noch mal vor an die Straße zum Bäcker ein paar Baklava essen und türkischen Kaffee zu trinken. Im VIP-Bereich angekommen, gab es vor Anpfiff eine Schweigeminute für die Opfer des Terroranschlages am 23.10. in Ankara, mit fünf Toten. Auf dem künstlichen Geläuf wurde uns kein Spiel geboten, was uns länger im Gedächtnis bleiben wird. Auf den Rängen gab es in der ersten Hälfte, der Grund war für uns nicht ersichtlich, eine hitzige Diskussion mit den gut 15 Gästefans hinter uns. Einer war wohl kurz davor aus dem Stadion zufliegen. War ganz gut Palaver. Der offizielle Vereinsmitarbeiter vom Sancaktepe, welcher uns auf die VIP-Liste schreiben ließ, war bei jeder Schiedsrichter-Aktion gegen sein Team auf 180 und am Rumpöbeln. Also als Vereinsmensch war das schon ordentlich darüber. Wahrscheinlich schüttelt er aber nach dem Spiel den Schiri die Hand und bedankt sich, mit den Worten - ohne Schiri geht es nicht. Das Spiel und das Ambiente hier war so lahm, dass die Mademoiselle meinte, gestern als ich die Katze aus dem basement geschmissen habe, war mehr Action als hier. Dem kann ich nur zustimmen.
Die paar Heimfans, welche sich berufen fühlten, ab und zu den Vereinsnamen zu grölen, um ansonsten den Schiri zu belöffeln, taten dies immer vor der ersten Sitzreihe am Geländer der Tribüne. Und gefühlt alle fünf Minuten scheuchte ein Ordner die Jungs zurück, nur damit sie nach einer Minute wieder vorn standen. Was ein Zirkus von dem Ordner. Ich muss nicht erwähnen, dass die Tribüne so gut wie leer war und niemanden die Sicht verdeckt worden ist. Was denkt sich so ein Sicherheitsmensch dann eigentlich? Ich schätze nicht viel. Er wird wohl nach dem Spiel zu Hause erzählen, oh Schatz ich hab sie heute wieder alle vom Geländer weggescheucht, es blieb alles ruhig.
So wurde der Länderpunkt Türkei äußerst unspektakulär gemacht.
(Der Kulturbeauftragte)
Eine neue Ausgabe des "Abhaun!" ist erschienen. Nach 11 Jahren geht die Abhaun-Reihe mit der 6. Ausgabe weiter. Ein Klick auf das Bild bringt euch zu den weiteren Informationen.
im Stadtteil Kadıköy
der Stadtteil Üsküdar, mit Blick auf die europäische Seite
Kız Kulesi - Mädchenturm
Galata Kulesi
Ägyptische Basar
Taksim-Platz
Ortaköy-Moschee an der Bosporus-Brücke
Rumeli Hisarı
Universität Istanbul