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28.12.2022, 15:00 Uhr
Espérance Sportive Troyes Aube Champagne – Football Club de Nantes
Troyes, Stade de l'Aube
Ligue 1 – 9.043 Zs. – 0:0
geschätzte Lesezeit ca. 8 Minuten


Das heilige Dreieck der Champagne, Épernay, Reims und Châlons-en-Champagne, hatten die Mademoiselle und ich uns ausgesucht. Die letzten beiden Städte besuchten wir dann auch. Die Spiele ES Troyes AC gegen den Football Club de Nantes und Stade de Reims gegen die Bretonen von Stade Rennais hatten wir auf der Liste. Taten wir auch so, doch dass die Ansetzungen des LFP, zu vergleichen mit der DFL, bei vielen französischen Fußballfans auf wenig Gegenliebe stießen, hatte ich so nicht auf dem Schirm, als ich die Ansetzungen unserer beiden Spiele las. Da die Entfernungen nicht so weit auseinander lagen und wir beide Urlaub zwischen den Feiertagen hatten, war der Ausflug geritzt.

Ich würde sagen groß enttäuscht war ich nicht, als ich mitbekam, dass die Brigade Loire nicht anreisen würde, da ich als Fußballfan diese Belange zu 100% verstehe und auch mittrage und ich nicht stumpf von Stadion zu Stadion reise. Ich wusste meine Mademoiselle und ich werden wieder viel erleben, erkunden und ausprobieren. Die Spiele sind zwar unsere Fixpunkte, aber definitiv nicht alles. Es ist interessant zu sehen, im Vergleich zu Deutschland, wie unterschiedlich die Fanszenen in unseren Nachbarland Frankreich, mit ihren Protest gegen die Anstoßzeiten umgehen.

Mal ein paar Beispiele des aktuellen Spieltages der Ligue 1 und der Ligue 2: Bordeaux, ASSE und Strasbourg fuhren zu ihren Auswärtsspielen, ebenso Lille. Bei Olympique Marseille wurden große Choreografien bei den South Winners und den Commando Ultra gezeigt, die Indians Tolosa reisten in guter Anzahl an. Beide Kurven von Olympique Lyon fuhren nach Brest. Bei AJ Auxerre-AS Monaco Fußballatmosphäre von beiden Seiten. Le Havre mit Choreo zu Hause inklusive Pyro, Clermont ebenfalls mit Feuerwerk, aber eben Nantes boykottierte die Spiele zwischen Weihnachten und Silvester, plus auch den nächsten Spieltag an Neujahr. Ultrem 1995 aus Reims ging nicht zu ihrem Heimspiel gegen Stade Rennais, die Rotschwarzen um den Roazhon Celtic Kop 1991 reisten wiederum an. Einerseits kritisieren die Fanszenen und Gruppen die Anstoßzeiten per se und das schon eine lange Zeit, andererseits sagen sie jetzt und zu recht, dass die Liga die WM in Katar nutzt um einen Spieltag zwischen Weihnachten und Silvester einzuführen. Einem Boxing Day light, England als Vorbild. Auch an Neujahr und am 02.01.2023 werden Spiele stattfinden. Was bleibt also als Protestform, nach Stellungnahmen und Spruchbändern noch und nöcher? Boykott der Spiele, dem Treiben auf dem Rasen die visuelle und akustische Untermalung nehmen. Dem TV-Produkt Fußball den Rahmen abnehmen. Dies wirkt und bringt aber nur etwas, wenn die Fanszenen mit einer Stimme sprechen. Wir können uns alle an die 12doppelpunkt12 Proteste im Jahr 2012 erinnern. Eine große Aktion, welche von jeden wahrgenommen wurde, die Fans im Stadion, den TV-Anstalten inkl. Medien und der DFL. Diese Öffentlichkeit braucht man um etwas zu erreichen. In Frankreich ist es eher ein Flickenteppich an Protesten und so kann er seine Wirkung nicht entfalten, auch wenn ich den Fans dafür die Daumen drücke!

Da ein bissl auf den Weg nach Troyes, Châlons-en-Champagne lag, wurde hier ein kleiner Stadtbummel mit Mittagessen geplant. Vor Ort entschieden wir uns, da wir auch recht früh dort waren, eine Führung durch eine Champagne Kellerei zu buchen. Allez Dekadenz. Unsere Wahl fiel auf  La Maison Joseph Perrier, dies ist nicht so ungewöhnlich, da das Familienunternehmen das Einzige noch produzierende in Châlons-en-Champagne ist und dies seit 1852! Die anderen Winzer sind Richtung Épernay und Reims abgewandert. Es war schon interessant durch die kalten, dunklen Kreidekeller zu laufen, umgeben von tausenden Flaschen dieses edlen Getränkes. Endlich weiß ich auch, wie sie das Depot, die toten Hefezellen, aus der Flasche bekommen. Man lernt halt nie aus. Bei der Champagne Probe konnte man in mehreren Kategorien entscheiden, wieviel Gläser man probieren möchte. Es gab die preiswerte mit einer Probe und je teurer mit entsprechend mehr Sorten bzw. Gläsern. Wahrscheinlich saufen sich da manche zur Waffe. Wir hatten die zweite Kategorie, mit zwei Champagne reserviert. Ein Pärchen gönnte sich und durfte 3 Gläser probieren, sagte aber nichts. Als die Führerin das markierende Armbändchen des Paares bemerkte, holte sie noch eine teurere Marke, den Brut Vintage 2013 heraus und ließ die Beiden kosten. Schlussendlich durften dann aber alle von den nicht ganz billigen Champagne trinken. Ich meinte später zur Mademoiselle, ich würde so kotzen, wenn ich die teure Tour gebucht hätte und am Ende jeder das Gleiche kredenzt bekommt. Aber hey, es war andersrum und da ich aus Sachsen-Anhalt komme, freute sich das Ossischwein. Uns gefiel der Cuvée Royale Brut Nature und der Brut Blanc de Blancs, wovon wir uns letztlich auch je eine Flasche kauften. Nicht ganz preiswert, aber da man nach der Führung 20% im Shop sparte ging es. Die Bezeichnung „Blanc de Blancs“ stammt aus dem Französischen und meint im wörtlichen Sinne so viel wie „Weißer aus weißen“. Das heißt, es handelt sich um einen Weißwein, der ausschließlich aus weißen Trauben gekeltert wird. Und nur Schaumweine aus der Champagne mit zweifacher Gärung dürfen sich Champagne nennen. Mensch was der Kulturbeauftragte so alles weiß.

Weiter im Text, heißt, weiter nach Troyes. Und ich weiß ich bin leicht zu begeistern und lasse euch auch öfters daran teilhaben, aber glaubt mir, Troyes kann echt was! Im kleinen und übelst schmalen Hinterhofhaus eingecheckt, wurde nur noch Abendbrot gegessen und nichts weiter unternommen.

Der nächste Tag gehörte Troyes.

Die klasse Altstadt, welche von oben wie ein Bouchon, ein Champagnekorken aussieht, ist wahrlich ein Hingucker. Richtig enge Gassen und Gässchen, gesäumt von Fachwerkhäusern aus dem 16. Jahrhundert, die Menge war beeindruckend. Die kleine Ruelle des Chats, die Gasse der Katzen ist so das Wahrzeichen der Altstadt. Sau eng nach oben, so dicht und schräg, das Holzbalken die sich gegenüberliegenden Häuser stützen und so die Katzen dort oben rum stromern konnten oder noch könnten. Überall Restaurant, Bars und individuelle Klamottenläden. Dafür ist Troyes nämlich auch bekannt. Der Champagne, die Textilindustrie und die Andouillette de Troyes, eine sehr spezielle Wurstspezialität, von den Zutaten und der Herstellung her. Später mehr dazu. Ich traute mich tatsächlich eine zu essen. Frankreich ist natürlich auch für seine Gotteshäuser bekannt. Immer wieder beeindruckende Bauwerke. Kirchen, Basiliken und Kathedralen. So auch in Troyes, groß, imposant und die Menschen einschüchternd. Aber auch alte, mit Geschichte und überladender Symbolik versehene Gebäude. Die Zeit ging mehr als schnell rum.

Vor dem Spiel hatten wir geplant eine oder wie ich raus posaunte zwei Merguez zu essen, um gestärkt bis zum Abendbrot durch zu halten. Es gab aber nur Hotdogs mit Pommes. Na dann eben das. Dafür schmeckte das Fischer Noël vom Fass ordentlich. Nur als wir zwei hinter der Tribune Champagne saßen, kam dieser, na wie nenne ich mal den Rotz, Umzug mit Musik, verkleidete Frauen und Männer, welche an Stöcken überdimensionale Eisbären bewegten, vorbei. Herrgott lasst die Scheiße und lasst den Fans ihr überteuertes Bier trinken und über ihre Mannschaft vor dem Spiel philosophieren. Die kleinen Jungs vor uns hatten dann auch noch ängstliche Gesichter, als diese Dreimeterungeheuer für Arme vorbeikamen. Die Mademoiselle meinte nur, die Kinder sollen doch merken das sie im Stadion sind und nicht im Zirkus. Leider sah dies der Espérance Sportive Troyes Aube Champagne nicht so und schickte noch in regelmäßigen Abständen eine Pferdekutsche um das Stadion. Na wer seine Kinder nicht liebt und will das sie nur einmal ins Stadion gehen, bucht halt diesen Schmutz. Nur schade für die Kleinen. Über den sector visiteurs brauch ich nichts mehr zu schreiben, außer das vielleicht so um die 30 Nantais darin das Spiel schauten. Einige einzelne Canaris waren noch durch ihre gelb-grünen Schals und Mützen im Stadion zu erkennen.  Der kleine Fanblock um die Fangruppen Magic Troyes und Ultras Tricasse Crew war am machen, natürlich boten das Spiel und die Voraussetzungen keinen Spielraum um sich ins Gedächtnis zu brennen. Zwei Spruchbänder um gegen die Anstoßzeiten zu protestieren konnte die SD-Karte aber noch abspeichern. "Le foot ou’on aime, c’est le week-end" – Den Fußball den wir lieben, ist am Wochenende und "LFP ton calendrier nous fait gerber" – LFP dein Kalender bringt uns zum kotzen. Der Rest der Stimmung war nichts außergewöhnliches. Das 0:0 tat sein übriges.

Meine Mademoiselle suchte extra ein Restaurant in der Altstadt raus, welche die bekannte und berühmte Andouillette de Troyes serviert. So und jetzt wird´s speziell. Es ist eine Wurst welche aus Schweinefleisch hergestellt wird, genauer gesagt aus dem Dickdarm und dem Magen. Diese Innereien werden der Länge nach aufgeschnitten und per Hand zu der Wurst verarbeitet.  Hört sich lecker an oder? Und der Metzger, der die Würstchen herstellt war sogar champion de France d’andouillette. Na dann wird’s den Kulturbeauftragte schon schmecken. Auch als der Kellner bei meiner Bestellung fragte, ob ich diese Wurst schon einmal probiert hätte, war ich selbstsicher. Nun ich sag als erstes, aufgegessen hab ich. Der Geschmack war aber jetzt wirklich eigenartig und der Gedanke das es nur Innereien sind half auch nicht. Der Kellner nickte dann aber anerkennend als er meinen Teller abräumte. Auch gut das ich schon gestern ein Viererpack im supermarché eingekauft hatte. Naja da der Schwiegervater mir empfahl unbedingt die Andouillette zu probieren, werden sie beim nächsten Besuch kredenzt. Der Prunelle de Troyes, ein Schlehenlikör war dann aber sowas von lecker. So was lieben die Mademoiselle und ich, regionale Köstlichkeiten quer Beet zu probieren. Nach einen Glühwein am Hotel de Ville und einen Verdauungsspaziergang, ging es ins schmale Hinterhofhaus.

Troyes hat uns sehr beeindruckt. Wenn man sieht was noch nach Weihnachten in der Stadt los war, wie sie geschmückt war, kann man sich vorstellen, wie es in der Vorweihnachtszeit ist. Wahrscheinlich schieben einen dann die Massen durch die Straßen. Auch im Sommer hat es wohl richtig Flair. An dem Canal des Trevois oder der Seine zu sitzen, champagne, vins et bièrs zu trinken und die Seele baumeln lassen.

So nun würde mich jetzt echt mal interessieren, wer sich diesen Bericht bis zum Ende gegeben hat. Fußball spielt hier ja eher eine untergeordnete Rolle. Es grüßt….

(Der Kulturbeauftragte)



Eine neue Ausgabe des "Abhaun!" ist erschienen. Nach 11 Jahren geht die Abhaun-Reihe mit der 6. Ausgabe weiter. Ein Klick auf das Bild bringt euch zu den weiteren Informationen.





Châlons-en-Champagne

           La Maison Joseph Perrier-Champagne Kellerei

Altstadt Troyes

Ruelle des Chats-Gasse der Katzen

Andouillette de Troyes

 


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Author: kopane.de

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