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29.01.2023, 18:00 Uhr
S.S. Lazio – ACF Fiorentina
Roma, Stadio Olimpico
Serie A – 40.000 Zs. – 1:1
geschätzte Lesezeit ca. 7 Minuten


Wusstet ihr das caldo warm auf italienisch heißt? Richtig, wir auch nicht. Aber warm war es in Rom, 13°C. Mein Wunsch war ein Nikki Foto, für diesen wurde ich noch vor einer Woche, als ich ihn im kalten Bruxelles äußerte, belächelt.
Tja und dann saßen vier Luis Ende Januar am Circus Maximus, mit T-Shirt, zugekniffenen Augen und grinsten verschmitzt in die tiefstehende Sonne.
Zuerst hieß es aber frühstücken. Italienisch frühstücken. Ja so geil die Küche in bella italia ist, so trist und öde ist ein Frühstück auf dem Stiefel.
Ich nannte unseren Frühstücksraum liebevoll den Flur. Denn…… es war der Flur. Es wurden einfach die Tische in den Gang im Stockwerk unter unserem gestellt. Richtig bewusst wurde uns dies erst, als die Tür neben unsern Tisch aufging und ein Hotelgast neben uns stand. Pragmatisch vom Hotel, schlecht für diejenigen die dort übernachten durften. Jedenfalls kurz zum Frühstück: wir wollten das berühmte italienische Frühstück, wir bekamen das berühmte italienische Frühstück. Am zweiten Morgen saß auch nur noch die Hälfte der Luis im Flur, bei Instantkaffee und knüppelharten Teigwaren.
Auf zur Sightseeingtour im hellen.
Rom, die ewige Stadt, gibt’s eigentlich noch mehr Kulturhotspots auf so engen Raum? Die Frage war rhetorisch, ihr müsst nicht antworten. Es hört einfach nicht auf. Immer wieder eine andere Ausgrabungsstätte, Säulen von alten Tempeln, Plätze mit alten Skulpturen und dann noch die berühmten weltbekannten Sehenswürdigkeiten. Es ist und bleibt der Wahnsinn für mich. Ich kann mich an dieser Stadt nicht satt sehen. Wir ließen uns viel, vieeel Zeit.
Am Anfang unserer große Runde meinte der Südbrandenburger ganz lapidar, bei einer banalen Ruine eines Tempels „ In Terni hätten wir gestern davon ein Foto gemacht“ Recht hatte er.
Alles zu Fuß, wie gestern Nacht, wir hatten Bock.
Erstmalig ging es für den Südbrandenburger und mich ins Colosseo. Überwältigend und krank gleichermaßen. Der Fortschritt, die Dekadenz und die Brutalität sind alles für sich beeindruckend. Weiter ging es den Touristrom folgend vorbei am Arco di Tito, Forum Romanu, Foro di Augusto, Altare della Patria - der Altar des Vaterlandes, aus weißem Marmor. Bei meinem nächsten Besuch möchte ich es endlich mal besichtigen. Im Inneren befindet sich das Museum zur italienischen Staatsgründung. Weiter am Forum Traiani vorbei und zum Circus Maximus. Dort machten wir in der Sonne eine Pause und ließen uns ein paar Birra Peroni schmecken. Der Blick auf diese unscheinbare Fläche vor uns täuscht heute gewaltig. Die Arena, in welcher Pferdewagenrennen stattfanden, soll Platz für bis zu 250.000 Zuschauer gehabt haben. Das kann man sich gar nicht vorstellen.
Zum Stadio Olimpico ging es dann mal ausnahmsweise mit dem Bus.
Dort wurde noch gemütlich am Tiber in einer kleinen Bar etwas getrunken und einigen Laziofans beim verkleben sehr fragwürdiger Sticker zu geschaut. Auf dem Weg zum Eingang wurden wir noch Zeugen eines astreinen Schauspiels, inklusive Stunteinlage zweier italienischer Opas. Einer der Protagonisten saß am Steuer seines PKW, der Andere mimte den Fußgänger und Stuntman. Ich glaube ihr könnt euch vorstellen was passierte. Normalerweise bezahlt man für sowas Eintritt, aber wir und die anderen Tifosi durften das Theater kostenlos erleben. Opa 1, der Fahrer, schlich mit seinen Wagen Richtung Parkplatz und wenn ich schreibe er schlich, meine ich dies auch so. Wenn er noch langsamer gewesen wäre, würde er in der Zeit rückwärts reisen. Opa 2, der Fußgänger, kreuzte den Fahrweg des Teufelskerles am Steuer. So, nun fuhr Opa 1, den Stuntman-Opa 2 ganz sachte an. Diese fiel, als ob ihn der Schlag getroffen hätte, von über auf den Asphalt. Opa 1 riss die Arme vom Steuer hoch und war sich keiner Schuld bewusst. Ein Tifosi und ich hoben den Malträtierten vom Boden auf. Dieser nahm es zu erst ganz locker und symbolisierte seiner Umgebung alles gut, kein Drama. Doch dieses zelebrierte er dann als Opa 1 an ihn vorbei schlich. Er belegte nun Schmidtchen Schleicher aufs übelste. Auf alle Fälle waren sich nun alle sicher, Alfredo gings gut. Also Drama können die Italiener auch im Alter.
Am Eingang des Stadions, erbaut 1927 und eröffnet 1932, fällt einen sofort der Mussolini-Obelisk auf. Groß, aus weißen Marmor und mit der Inschrift MVSSOLINI DVX, Mussolini, der Führer, hinter dem Monument befindet sich das Foro Italico, früher, Foro Mussolini. Dies wurde alles erbaut um sich für die olympischen Sommerspiele 1940 zu bewerben. Welche letztendlich nach Tokio gingen.
Man fragt sich, also ich mach dies auf alle Fälle, warum der Schriftzug von Mussolini, nach dem 2. Weltkrieg, nicht entfernt wurde, da eigentlich alle faschistischen Symbole und der Name des Duce verschwanden.
Sei’s drum. Wir wollten uns noch mit den Lazio Tifoso von gestern treffen. Kurz per Handy ausgetauscht, wurden wir schon im Stadionumfeld freundlich begrüßt.
Sein Fanclub hat seinen Platz auf der Tribuna Tevere am Ende der Curva Nord.
Wir wurden einigen Leuten vorgestellt und bekamen ein paar Aufkleber geschenkt. Die Einladung zwischen den Ragazzi das Spiel zu schauen lehnten wir höflich und erklärend ab. Sie verstanden unser Anliegen auch sofort. Ein paar Fragen welche gestern auf der Zugfahrt von Terni nach Rom nicht zufriedenstellend verstanden wurden, wurden noch einmal beidseitig erläutert. War cool! Mal schauen, wir wollen in Kontakt bleiben.
Unsere Plätze waren auch auf der Tribuna Tevere, nur am anderen Ende.
Ja auch hier, in diesen geschichtsträchtigen Stadion, wurde die Mannschaft, welche ja nun nicht mehr die Mannschaft heißt, Weltmeister. Damals verstand ich zwar nur die Hälfte im Ferienlager, aber irgendwas war wichtig daran, da alle durch die Gegend sprangen, die Wessis, aber auch wir Ossis. Jedenfalls mag ich die ganze Fußball Historik im allgemeinen, obwohl ich als Kind da viel interessierter war.
Jetzt waren wir Luis im Estádio do Maracanã in Rio de Janeiro und heute im Stadio Olimpico, da fehlt eigentlich nur noch ein gemeinsamer Besuch im Berner Wankdorfstadion, dann hätten wir alle Spielstätten in welcher die DFB-Elf Weltmeister geworden ist besucht. Nun gut, wirklich wichtig ist es jetzt nicht, vielleicht ne Randnotiz.
Wenn man bzw. wir Fußballfans an Lazio denken, kommt uns sofort die Curva Nord mir ihrer über alles stehenden Gruppe der Irriducibili Lazio in den Sinn. Egal ob man sich als linker/ antifaschistischer, rechter/nationalistischer oder apolitischer Fan sieht. Jeder kennt die IRR, jeder hat seine Meinung zu ihnen und jeder hat seine ganz persönliche Schublade, wo er sie reinsteckt. Gegründet am 18.Oktober 1987. Revolutionäre Choreos, unterirdische und menschenverachtende Spruchbänder oder Sticker, der saluto romano, der ehemalige Capo Diabolik (benannt nach einem Gentleman-Gangster aus einem italienischen Comic), eine zutiefst neofaschistische Gruppe, das erste Fanzines Italiens welches zu jeden Heimspiel erschien, Kommerz und Geschäftemacherei, keine Frauen in der ersten Reihe der Curva Nord oder Gabriele Sandri.
Sie war eine respektierte Gruppe in ganz Italien, so viel steht fest. Die Gruppe bestimmte ihr Ende selbst. Nach 33 Jahren lösten sich die Irriducibili, die Unverbesserlichen, auf. Die Repression seitens des Staates und der Polizei waren zu groß, wohl auch der Mord an ihren Capo Fabrizio Piscitelli, Diabolik, spielte mit hinein. So versammelt man sich nun hinter der Fahne Ultras Lazio um die Nordkurve weiter zu führen.
Man sah im allgemeinen noch viele Kurvenartikel der Irriducibili. Wie Schals oder Mützen. Wir hatten ja unsere Plätze auf der Tevere und auch hier sahen wir oft etwas der IRR. Ein Junge welcher neben mir saß, hatte noch ein wahres Schmuckstück, er trug einen alten Schal der EAGLES SUPPORTERS. Wie cool war das denn! Dies ist die historische Ultra-Gruppe von Lazio. Gegründet Mitte der 70iger Jahre und in ihrer hoch Zeit in den 80iger mit 3000 Mitgliedern. Nachdem die Irriducibili die Führung übernahmen wurde noch temporär zusammen gearbeitet, später gab es Differenzen und Auseinandersetzungen, worauf sich die EAGLES SUPPORTERS 1992 auflösten.
1971 gründete sich auch das Commandos Monteverde Lazio. Als Erinnerung an die Meisterschaft nannten sie sich dann C.M.L.’74. Sie sind immer noch mit Zaun- und Schwenkfahne inkl. einigen Schals im oberen Bereich der Curva Nord aktiv. Monteverde ist ein Stadtteil von Rom und schon immer in der Hand der Laziali.
Zum Anpfiff feierten wir diese grandiose Lazio Hymne ab. Nur diese unsägliche Lichtershow kann man weglassen. Brauch kein Mensch beim Fußball.
Der Gästesektor um die Curva Fiesole war mit gut 300 Gästen angereist. Sie gingen natürlich in dieser riesigen Kurve komplett unter.
Wenn ich an die Curva Fiesole denke muss ich immer an diese geile Choreo des Collettivo Autonomo Viola von 1991 denken. Wo mit Pappen die Stadtsilhouette gezeigt wurde. Für damals war dies ein Meilenstein und es sah einfach utopisch aus. Ansonsten versuchte der settore ospiti gegen die große Curva Nord gegen zuhalten und ihre Giglio, ihre Lilie zu unterstützen. Sie zogen ihr Ding definitiv durch. Auch der Torjubel Italien typisch astrein.
Doktor Duvel derweil nur auf italienisch am fluchen. Eigentlich ohne Grund, wir waren ja sehr zufrieden mit unseren kleinen Italienausflug. Besonders gern bzw. inflationär nutzte er das Wort cazzo und leider auch für unser Umfeld wahrnehmbar. Sei es auf der Straße, im Restaurant oder im Zug. Aber Hauptsache im Stadion nicht rauchen, weil ein Kind fünf Meter weit von uns entfernt sitzt. Er hat halt ein großes Herz.
Das Spiel ging sehr unspektakulär 1:1 aus.
Wir suchten uns dann eine Straßenbahn Richtung Roma Termini um nochmals gemütlich Abend zu essen. Der Südbrandenburger klärte wie immer ab, ob es Limoncello gibt. Aber so langsam machten sich die langen, aber äußerst coolen, Tage bemerkbar. Lange hielten die Luis nicht durch. So gings mit einen Abschluss Bier ins Hotel. Morgen wollten wir ja im Münchner Schneeregen stehen.
E ciao ragazzi.
(Der Kulturbeauftragte)


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Author: kopane.de

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2 thoughts on “29.01.2023 S.S. Lazio – ACF Fiorentina”

  1. „Jetzt waren wir Luis im Estádio do Maracanã in Rio de Janeiro und heute im Stadio Olimpico, da fehlt eigentlich nur noch ein gemeinsamer Besuch im Berner Wankdorfstadion, dann hätten wir alle Spielstätten in welcher die DFB-Elf Weltmeister geworden ist besucht.“

    Olympiastadion..? München..? 1974..?

  2. Lieber Rainer Holzschuh, der Ton macht die Musik. Vielen Dank, dass Du das imaginäre Haar in deiner Fischsuppe gefunden hast. Es ging aber um außerhalb von Schland. Ich dachte man erliest jenes. Grüße gehen raus an das baltische Meer.

Ahoj, du hast das Wort.

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