geschätzte Lesezeit ca. 5 Minuten
Für Ritter und mich stand heute das letzte Spiel des Jahres auf der Agenda, denn Cliff hatte sich schon zu früher Stunde via Bus in Richtung London abgesetzt. Und da die anderen beiden noch eine komplette Woche die Insel unsicher machen wollten, trennten sich an diesem stark verregneten Sonntag unsere Wege. Zuvor mussten am nahe gelegenen Bahnhof nur noch die vorab bestellten Bahntickets nach London-Stansted aus dem Automaten gezogen werden. Da ich zugegebenermaßen immer noch ziemlich angepisst, ob der für mich, sinnlosen Knutscherei quer durch Wales vom Vortag war, musste erst einmal ein ausgiebiges Frühstück herhalten, um die Wogen wenigstens etwa zu glätten. Da sich die Rucksackabgabe als unlösbare Aufgabe entpuppte, entschieden wir uns samt Gepäck das Stadion zu entern. Bevor es aber soweit kommen sollte, stand ein kleiner Stadtrundgang durch die walisische Hauptstadt an, bis auf das im 12. Jahrhundert erbaute Castel-Cardiff hat die Stadt keine wirklichen Highlights zu bieten. Da es weiterhin in Strömen regnete, wurde erneut der bereits beehrte Pub angesteuert. Das vorhandene Klientel wusste nun sofort zu begeistern, viele kahlköpfige Papis welche sich hier auf Spiel einstimmten, hatten den Laden fest in Besitz genommen. Das sich in besagten Pub einschlägisches Fußballpublikum aufhielt, bestätigte auch das recht hohe Polizeiaufkommen rund um den Laden, sowie an sämtlichen Eingängen. Irgendwann war es aber wirklich an der Zeit sich in Richtung Stadion zu bewegen, vorbei am Millennium Stadium, welches zur Eröffnung 1999 mit 74 500 Plätzen das größte Stadion Großbritanniens war, aber selbst bei Länderspielen der walisischen Nationalmannschaft nicht ausverkauft ist. Am eigentlichen Spielort, dem Cardiff City Stadium, angekommen ging es nach kurzer Nahungsaufnahme problemlos ins Innere, das Stadion wurde 2009 eröffnet und bietet rund 27 000 Zuschauern Platz, mehr gibt es zu diesem absolut seelenlosen Bau einfach nicht zu berichten. Da die Gastgeber aktuell Spitzenreiter der Football League Championship sind und die Gäste aus dem Südosten Londons, im vorderen Mittelfeld platziert sind, hätte der geneigte Fußballfan auf eine recht interessante Partie schließen können. Aber falsch gedacht, dass Gebolzte war teilweise wirklich grausam, Millwall bekam über die komplette Spielzeit keinen vernünftigen Angriff auf die Reihe. Die sogenannten "Bluebirds" standen dem aber in nichts nach, denn bis auf das sehr frühe Siegtor, wurden sämtliche Chancen jämmerlich vergeben. Aber im Gegensatz zur Stimmung im Stadion, war das gebotene auf dem grünen Geläuf immer noch erste Sahne, denn die gut 24.000 Zuschauer verbreiteten bis auf wenige Lichtblicke regelrechte Friedhofsstimmung, wobei die knapp 500 Gäste hier ganz klar das Zepter in der Hand hielten ;-), 90 min. völlig teilnahmslos ein Fußballspiel verfolgen, schafft auch nicht jeder Gästeanhang. Wer jetzt also noch einmal die tolle Stimmung in den britischen Stadien lobt und sich über in Deutschland herrschende Missstände echauffiert, kann sich gern bei mir melden, eine Jahreskarte beim Cardiff City FC sei ihm hiermit zugesichert. Wie man sich als junger Mensch in solch einer Stadionatmosphäre wohl fühlen kann, dabei utopische Summen für Tickets sowie Fresserei ausgeben kann/darf/muss, wird mir wohl für immer und ewig ein Rätsel bleiben. Nach Beendigung der packenden Partie, führte uns unser Weg vorbei an der ein oder andern Indisch/Pakistanischen-Siedlung wieder in die Innenstadt, die letzten Pfund sollten im Sports Direct den Besitzer wechseln. Da der Wettergott anscheinend auch im Stadion vertreten war, goss es auch am frühen Abend weiterhin wie aus Eimern, aber unser heißgeliebter Pub stand auch in dieser aussichtslosen Situation treu an unser Seite.
Schließlich war die Zeit gekommen, um die rund 2 Stündige Zugfahrt in Richtung
London-Paddington zu meistern, während des Umstieges in Paddington, gab mein Rucksack seinen Geist auf und musste von nun an per Hand getragen werden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war ich restlos bedient, aber noch waren wir ja nicht zu Hause. Gegen Mitternacht in Stansted angekommen, waren natürlich die besten Schlafplätze bereits belegt, so wurde sich halt auf den Ledersesseln eines Imbisses niedergelassen, ging. Dumm nur das die Bude doch tatsächlich 3.00 Uhr die Pforten öffnete und die Nachtruhe ein abruptes Ende fand.
Die nächste Schlafmöglichkeit wurde nun im Check-In Bereich gesucht, so das bis gegen 4.00 Uhr recht angenehm geschlafen werden konnte. Doch ab 4.00 Uhr war hier die Hölle los, sämtliche Geschäfte öffneten auf einem Schlag, dazu Massen an Reisenden, Piloten, Stewardesen... Nicht das dass für einen Flughafen solchen Ausmaßes ungewöhnlich wäre, aber auf die Minute genau 4.00 Uhr erwachte hier alles wie auf Kommando. Trotzdem wurde bis kurz nach 6.00 Uhr halbwegs vernünftig Geruht, um sich beim aufstehen verwundert die Augen zu reiben. Saßen doch plötzlich rings um einen herum hochattraktive junge Damen, hatten wir England bereits verlassen? Ein Blick auf die ersten 4 Flugziele des Tages brachte mit Vilnius, Gdansk, Warszawa und Poznan aber Klarheit. Da wir den angesprochenen Damen noch ein wenig Gesellschaft leisten wollten, entschieden wir uns spontan ebenfalls mit nach Poznan zu fliegen. Vielleicht ist es ja nur Einbildung, aber meines Erachtens haben Reisende mit einer Körpergröße von über 1,80m bei Rainair echt den Zonk gezogen. Entspanntes fliegen fühlt sich wahrlich anders an! In Poznan mussten nur noch knapp 3,5h verbracht werden, bis uns der vorreservierte Polski-Bus nach Berlin-Schönefeld bringen sollte. Im Gegensatz zur Insel, waren die Temperaturen hier deutlich unter 0 Grad Celsius, dazu kam die nun langsam aufkommende Müdigkeit, sowie mein kaputter Rucksack und unseren Plan eines kurzen Stadtrundganges war schnell vergessen. So das wir gut 2 h vor Abfahrt des Busses am Busbahnhof Gorczyn ankamen, ein reizendes Stück Erde! Nach kurzer Nachfrage wurde uns die Abfahrt unseres Busses bestätigt, am Busbahnhof selbst deutet nämlich rein gar nicht auf selbigen hin. Das anwesende Klientel war mindestens genau so trist wie seine Umgebung, der eine wollte nur ne Kippe, der nächste Geld, der nächste etwas zu essen. An sich ja nichts schlimmes oder verwerfliches, aber in welcher Art und Weise die Sache erfolgte. Wenn jeder Neuankömmling zangenartig im Sturmschritt von 2 gutgebauten, ungepflegten Typen nach einer Kippe bedrängt wird, macht das für einen Außenstehenden wahrlich nicht den besten Eindruck. Als unser aus Warszawa kommender Bus endlich einrollte, war das Ritterchen dem Kältetod doch recht nahe, da kam der gut beheizte Bus gerade Recht. Denkste! Nachdem im modernen Doppeldecker die erste, obere Reihe in Beschlag genommen wurde, folgte der nächste Tiefschlag. Denn aus irgendeiner kleinen Ritze zog ständig ein eisiger Hauch in Kniehöhe durch die ersten Reihen, so wurden die letzten 3h bis Berlin bei geöffneten Äugelein verbracht. Wenigstens stand Ritters Auto noch an seinem Platz, so das uns die heimischen 4 Wände gegen 19.00 wieder hatten. Abschließend bleibt eine Tour mit einem sehr faden Beigeschmack in Erinnerung, wobei die strapaziöse Heimreise einen verschwindend geringen Anteil hatte! (Sven)
Cardiff Castle (Quelle Wikipedia)
Cardiff Castle (walisisch: Castell Caerdydd) ist eine mittelalterliche Burg und ein neugotisches Herrenhaus im Stil der Viktorianischen Architektur. Die Burg steht auf den Überresten eines Römerkastells in Cardiff, der Hauptstadt von Wales.
Eine neue Ausgabe des "Abhaun!" ist erschienen. Nach 11 Jahren geht die Abhaun-Reihe mit der 6. Ausgabe weiter. Ein Klick auf das Bild bringt euch zu den weiteren Informationen.
„Da ich zugegebenermaßen immer noch ziemlich angepisst, ob der für mich, sinnlosen Knutscherei quer durch Wales vom Vortag“
Was will man den sonst auf der langen Fahrt nach Bangor machen außer sich sich in einer gemütlichen Männerrunde die Zunge in den Hals zu stecken 😀