Nach den Erlebnissen am Vortag in Dortmund und Wanne-Eickel, auf welche ich nach Ankunft in der Unterkunft erst mal ein Lupinen-Vanille-Eis essen musste, um den Schreck zu verdauen, hieß es an diesem Tag zu erst einmal mehr Work als Travel. So ein Garten gräbt sich halt nicht von alleine um und irgendwie muss ich ja meine Unkosten erarbeiten. Das ich nach der Arbeit dann aber aussah, wie ein Kumpel aus der Zeche Zollverein, hätte ich nicht erwartet. Die letzten Kohlenreste in der Erde schwärzten mich gut ein.
Um den Tag aber dennoch etwas mehr abgewinnen und die traumatischen Erlebnisse vom Vortag besser verarbeiten zu können, wurde wieder das Rad bewegt. Das erste Ziel am Abend hieß dann Jahnstadion in Marl, in welchem leider kein Fußball gespielt wird. Der ehemalige Nutzer, der TSV Marl-Hüls, welcher 1912 gegründet wurde, hat eine neue Heimspielstätte ca. einen Kilometer entfernt. Der neue Nutzer ist das Baseballteam Marl Sly Dogs. Diese sollten eigentlich zum 31.08.2018 aus dem Stadion ausgezogen sein, da es abgerissen werden soll und an seiner statt Wohnanlagen errichtet werden sollen. Doch wie der Zufall es so wollte, durfte ich nicht nur zwei Runden mit dem Rad um das noch existierende Stadion drehen um einen möglichen Eingang zu finden. Nein, als ich das Rad abstellte, kamen zwei Herren mit Mülltonnen, schlossen ein Tor auf und gingen hinein. Meine Frage, ob ich eine kurze Fotorunde drehen dürfte, wurde positiv beschieden und so habe ich das Stadion, welches einst für 35.000 Plätze statt 25.000 geplant war, wenigstens noch einmal sehen dürfen. Nach der Kür kam heute erst die Pflicht und so ging es die paar Kilometer in den Hertener Stadtteil Disteln. Dort weit vor Anpfiff aufgeschlagen und so noch schnell zum Wasserschloss gedüst. Viel hat die Stadt Herten mit ihren rund 61.000 Einwohnern nicht zu bieten. Okay, den Landschaftspark Hoheward mit der Halde Hoheward und dem darauf befindlichen Horizont-Observatorium, das Backumer Tal (Parkanlahge mit vielen Sportmöglichkeiten), die Zeche Ewald samt Ewaldsee, einen Skulpturenpfad und das Wasserschloss samt Park könnt ihr euch anschauen. Und sieben Fußballvereine. Also wer mal nach Herten kommt, kann viel Kultur und Sport sehen. Kulturbeauftragter: du hast einen Auftrag.
Das Wasserschloss wurde im Jahr 1376 erstmals urkundlich erwähnt. Wo einst Adlige und Lehnsherren wohnten und auch die französischen Truppen nach dem ersten Weltkrieg eine Unterkunft fanden, ist heute eine Tagesklinik für Psychiatrie und Psychotherapie ansässig.
Zurück am Sportplatz von Vestia Disteln hoffte ich zunächst noch auf ein Spiel auf dem Rasenplatz, doch mein Wunsch wurde nicht erhört und so war es halt ein schnöder Kunstrasenplatz mit ein wenig Ausbau. Gibt schlechtere UMT in Deutschland als diesen. Das Spiel auch ganz flott und neben mir sitzende Reker überzeugten wieder durch die interessantesten Themen und Gespräche. Hauptthema bei ihnen war allerdings, wie viele Hooligans aus Münster wohl zum Pokalspiel nach Haltern am See fahren werden. Ich sag mal keiner. Zumal der TuS Haltern am See Spiele mit „erhöhten Störpotenzial“ eh im Stadion von Wanne-Eickel austragen will.
Übrigens, wer einen kleinen Faible für Basketball hat, kann neben dem Sportplatz von Vestia in die Sporthalle der Rosa-Parks-Schule gehen und dort den größten Vereins Hertens und des Landkreises Recklinghausen bestaunen: die Hertener Löwen spielen öfters mal vor 700 Zuschauern in der Regionalliga West. Also wenn es sich mal anbietet, renne ich dort auch hin. Basketball war schließlich der Einstieg für mich in den aktiven Sport.
Aktiv musste ich auch die Rückfahrt antreten bzw. radeln und nach ein paar Kilometern Weg konnte ich wieder ins Bett fallen. Denn der nächste Tag brachte nicht nur Fußballkultur, sondern echte Industriekultur. Und da waren einige Kilometer zu fahren. (goju)