Kopane.de 2024 31.10.2024 Pendik Spor Kulübü – Ayvalıkgücü Belediye SK
31.10.2024, 13:30 Uhr
Pendik Spor Kulübü – Ayvalıkgücü Belediye SK
Pendik, Pendik Stadyumu
Pokal (Türkiye Kupası ; 3. Runde) – ca. 300 Zs. – 1:2 n.V.

geschätzte Lesezeit ca. 10 Minuten

Wir hatten viel Zeit oder besser gesagt wir haben sie uns genommen. Dementsprechend fällt das Gehetzte um von Ground A zu Ground was weiß ich zu kommen weg. Angenehm. Wir hatten uns entschieden die Hagia Sophia zu besichtigen, später kam noch die Yerebatan-Zisterne, der Versunkene Palast, dazu. Aber macht euch keine Hoffnung, dies waren nur die heutigen Hauptacts. Ihr erinnert euch? Qualmenden Socken und so. Ich lege mich mal fest, was der Eiffelturm in Paris oder das Kolosseum in Rom ist, ist die Hagia Sophia für Istanbul.

Kirche, Moschee, Museum und wieder Moschee. Was ein krasses Bauwerk. Dies fanden auch die Menschenmassen an den Eingängen, welche wie an der Perlenkette in zweimal 100 m langen Schlangen anstanden. Da wir uns aber am Vortag Onlinetickets kauften, durften wir uns nur in die Reihe des eigentlichen Einlasses stellen und konnten die Zeit am Ticketschalter sparen. Sollte ihr nach Möglichkeit auch so handhaben, ist wirklich von Vorteil. Nach strengen Kontrollen, ging es hinein, in ein Bauwerk was vor Geschichte und Symbolik nur so strotzt. In weniger als sechs Jahren war die Göttliche Weisheit im Jahre 532 fertiggestellt, wie oben erwähnt als Kirche. Doch so wechselhaft wie die Geschichte Istanbuls ist, so ist sie ebenfalls bei der Hagia Sophia. Zur Moschee 1453 umgewandelt, wurde sie 1935 zum Museum deklariert. Doch die Erdoğan-Regierung machte dies 2020 rückgängig, was aber große internationale Proteste auslöste. Viele werfen der Regierung Symbolpolitik vor, um ihre schwindende Beliebtheit aufzubessern. Da ist wahrscheinlich ein Funken Wahrheit dran. Doch die Hagia Sophia kann weiter besichtigt werden. Die Besuchszeiten wurden angepasst und so strömen die Touristenhorden komprimierter hinein. Die Mademoiselle und euer Kulturbeauftragter ließen sich Zeit, stopften sich die Kopfhörer in die Ohren um den online heruntergeladenen Audioguide zu hören und versuchten die Touri-Massen so gut es ging zu ignorieren. War aber wieder schwer. Ich werde nie verstehen wie man so eine Unmenge an Selfies machen kann. Ist schon befremdlich. Weiter zur Sultan Ahmet Camii, im deutschen wird sie umgangssprachlich Blaue Moschee genannt. Dieser Name ist erhalten geblieben, als sämtliche Fenster mit buntem Glas versehen waren und alles in blaues Licht tauchten. In die Sultansmoschee gingen wir aber nicht, lediglich den Innenhof schauten wir uns an. Wir waren uns einig, dass wir hier im Sultanahmet, im Herzen der historischen Altstadt, mit seinen 2700 Jahren Geschichte, in welchen zwei Weltreiche untergegangen sind, mit diesen grandiosen Bauten und diesem Gemenge aus Cafés, Händlern und Touristen, an einen ganz besonderen Ort waren. Kurz durch den Arasta Bazaar gelaufen, am ehemaligen Hippodrom, mit dem ägyptischen Obelisk und dem Deutschen-Brunnen vorbei, führte uns die Mademoiselle zur Kleine Hagia Sophia. Wirklich klein und unscheinbar, aber vor allem ruhig gelegen. Fast keine Autos, wenig Touristen, dafür viele, ganz viele Katzen und ein paar Cafés und Restaurants. Unser Platz in Istanbul. Wir blieben auch eine gute Zeit bei Menemen, einer Eierspeise mit viel Tomaten und Paprika, çay und türkischen Kaffee. Abends saßen wir auch nochmal hier, nachdem wir im Stadtteil Yenikapı Fisch essen waren, und tranken gemütlich ein paar Efes. Nach der kleinen Hagia Sophia, besichtigten wir noch die Yerebatan-Zisterne. Ein aus dem 6. Jahrhundert stammender, unterirdischer Wasserspeicher. Hier wurden auch Teile von James Bond „Liebesgrüße aus Moskau“ und „Inferno“ mit Tom Hanks gedreht. Schon Wahnsinn was wir heute alles besichtigen konnten und wir waren nicht mal im Topkapı-Palast oder an der Eroberermoschee von Sultan Mehmed II. Ein wenig behielt ich die Spielpläne weiter im Auge und als ich sah, dass Pendik Spor Kulübü für sein Pokalspiel mit freiem Eintritt warb, dachte ich in meiner Naivität, cool also keine Passolig. Diese ist nämlich auch bei Pokalspielen erforderlich. Der türkische Fussball hat seine Probleme, auch vor Passolig. Doch diese Fankarte ist ein erneutes Puzzleteil, welches dies nicht verbessert, im Gegenteil, es ist ein weiterer Schritt in die falsche Richtung. Nachdem großen Manipulation-Skandal 2011, kamen die Gezi-Proteste 2013. Dabei ging es darum, dass die türkische Regierung plante die Grünflächen des Gezi-Parks platt zu machen, um dort ein Einkaufszentrum zu bauen. Diese wurden aber in der Megametropole inflationär errichtet und die Menschen wollten in der Innenstadt diesen Park erhalten. Was friedlich begann, schlug schnell in gewaltsame Ausschreitungen um. Bei diesen Demonstrationen waren Fussballfans der drei großen Istanbuler Klubs direkt involviert. Teilweise verbündeten sie sich und standen sichtbar an der Spitze der Versammlungen. Die Presse berichtete, auch hierzulande, erstaunt über diese Zusammenarbeit. Türkische Fussballfans sind normalerweise nicht dafür bekannt um sich mit gegnerischen Anhängern zu verbünden. Vor allem die Fangruppe um Çarşı von Beşiktaş ist Regierung und Erdoğan kritisch. Im Nachgang wurden 35 Mitglieder von Çarşı verhaftet und angeklagt. Ihnen wurde vorgeworfen sie hätten einen Putschversuch unternommen, um die Regierung zu stürzen. Zum Glück wurden davon alle 2015 freigesprochen. Doch der Staat zeigte, wozu er fähig ist. Ein weiteres Beispiel, wie schlecht das Verhältnis zwischen den Anhängern von Beşiktaş und Erdoğan ist, war die Einweihung des neuen Stadions im April 2016. Dies rief große Proteste der Schwarz-Weißen hervor. Sodass der Präsident die Eröffnung vor leeren Rängen inszenierte. Soweit so schlecht. Nach den Gezi-Protesten kam dann die neue Fankarte Passolig. Aus Prinzip ist eine Fankarte egal, ob es die Passolig in der Türkei, die Clubcard in den Niederlanden oder die Tessera del tifoso in Italien ist, kompletter Rotz. Als die Restriktionen im türkischen Fußball eingeführt wurden, gingen die Zuschauerzahlen stark zurück. Verständlich. Name, Anschrift, Telefon- sowie Personalausweis-Nummer und ein Bild des Inhabers werden dafür gespeichert. Doch diese Fankarte ist gleichzeitig eine Kreditkarte der Aktif-Bank. Diese wiederum ist ein Subunternehmen einer Holding und bei Einführung wurde sie von Berat Albayrak geleitet. AKP-Mitglied und Schwiegersohn von Recep Tayyip Erdoğan. Klasse oder. Jedenfalls die Passolig-Karte gibt es nun seit der Saison 2013/14. Soviel als kurzer Überblick.
Ankunft in Pendik. Erstmal frühstücken. Omelett mit geschmolzene Käse und Sucuk, als Getränk natürlich çay. Mein wievielter ist dies eigentlich schon? Danach gings auf Shoppingtour. Die Mademoiselle war voll in ihrem Element und ich stand daneben. Auf dem Weg zum Stadion konnte ich noch schnell in einen kleinen Shop zwei Efes abstauben und genauso schnell austrinken, da das Pendik Stadyumu in nur fünf Gehminuten Entfernung lag. Allgemein war es hier authentischer, als im Zentrum. Wir fuhren vom Galata Kulesi über 1,5 Stunden hier raus. Pendik hat als Stadtbezirk von Istanbul über 700.000 Einwohner. Das ist schon eine krasse Zahl und zeigt wie riesig Istanbul ist. Es ist übrigens die einzige Weltmetropole, welche auf zwei Kontinenten verortet ist.
Am Stadion angekommen, sollten wir laut einem Ordner am Ticketschalter vorstellig werden. Wir dachten nur komisch bei freiem Eintritt. Als wir dran waren, wurde nach unseren Passolig-Karten gefragt. Wir erwiderten darauf:
„The entree is free?“
„Yes“
„And we need passolig?“
„Yes“
„For this game?“
„Yes“
Das darf doch nicht wahr sein, dachte ich nur. Wir erklärten, dass wir zwei Passolig vor über drei Wochen gebucht und auch bezahlt hatten. Ich zeigte auch einen Screenshot mit der Überweisung. Die Mitarbeiter gaben dann unsere Daten ins System ein und erklärten, nur meine Passolig wäre in Arbeit. Für die Mademoiselle wäre nichts hinterlegt. Dass wir dafür bezahlt hatten, glaubten sie uns, aber helfen konnten sie nicht. Was ein Mist. Aber aufgegeben und Passolig gewinnen lassen kam uns hier nicht in den Kram. Wir gingen einfach zu den Ordnern am Eingang und erklärten wieder alles. Eine Frau konnte zwar englisch, aber ihre Idee war nur, dass wir zum Kartenschalter gehen und uns Tickets geben lassen sollten. Ihr merkt, wir drehten uns im Kreis. Der Dame erneut alles etwas deutlicher erklärt. So rief sie einfach einen vorbeilaufenden Mann heran, welcher uns am Ticketschalter Karten kaufen sollten. Der arme wusste gar nicht was los ist, nahm sich aber wirklich Zeit. Wir wunderten uns nur, dass er selber keine Anstalten machte ins Stadion gehen zu wollen. Die ersten Fangesänge drangen auch schon eine Weile an unsere Ohren. Der gute Mann erklärte den Mitarbeitern erneut unsere Lage und klärte ab, dass wir zwei Passolig-Pappkarten bekamen. Top meiner, Teşekkürler! Am Eingang ging das Palaver, aber in die nächste Runde. Eigentlich hätten wir ja keine Passolig und dürften so auch nicht rein, da das System hier umgangen würde. So wurde ein Polizist ran gerufen und diesen wieder alles erklärt. Was ein Affenzirkus hier. Der schaute uns an und meinte auf Türkisch, natürlich dürfen wir rein. Eigentlich hätte ich lachen müssen, doch ich bedankte mich nur. Passolig ist absoluter Rotz. Zur 25. Minute waren wir drin, im kleinem Block am Ende der Haupttribüne. Was muss ein Sicherheitsmensch eigentlich rauchen, um vor der Fankultur dermaßen Angst zu haben und sich so etwas auszudenken. Drinnen erstmal alles wirken lassen. Ich denke, es waren keine 300 Zuschauer im Stadion. Für so einen langweiligen Kick machten wir also so ein Zinnober. Ich holte dann das Hartgeld aus meinen Socken. Dieses hatte ich in weiser Voraussicht vor dem Stadion noch darin versteckt. Leben am Limit. Der Mademoiselle wurde aber ihr Kugelschreiber abgenommen und sie war deswegen leicht genervt und meckerten vor sich hin. Vor allem da in unseren Rucksack noch zwei weitere den Weg ins Stadion fanden. In und vor unseren Eckblock waren, wir zählten mal durch, 20 Ordner und Polizisten, für ungelogen 40 Zuschauer. Im kleinen Fanblock der Magnifico Penik, mit einer Zaunfahne vorn am Block, standen dann 19 Ordner und Polizisten für vielleicht 20 Leute parat. Wow, was ein krankes scheiß System. Der kleine Haufen sang noch ein wenig, aber gab sich dann der Tristesse geschlagen und schaute nur Fussball.
In der Halbzeit gingen wir wieder an den Eingang und zogen unsern Fuze Tea und das Wasser weg, welches wir beim Einlass ebenfalls abgenommen bekamen. Wird nichts verschwendet. Die Einzigen die gefressen und getrunken haben, waren ansonsten die Ordner. Schön ihre Rucksäcke mit drin. Wir labten uns derweil an einer Tüte Sonnenblumenkerne. Als Bonus bekamen wir noch die Verlängerung nach 90 Minuten serviert. Bei den Toren der Gäste, ein Viertligist 400 Kilometer entfernt an der Ägäis beheimatet, jubelte auch nur die Ersatzbank, Fans waren keine vor Ort. Nach Abpfiff sind wir direkt am Stadion an einen alten, umgebauten Van vorbeigekommen und mein geschultes Auge erkannte gleich, da gibt’s was zu futtern. Beim Verkäufer Köfte bestellt, wunderte ich mich nur, irgendwie kenne ich den Mann. Er grinste uns auch an und es machte Klick. Es war der Gute, welcher uns half ins Stadion zu kommen. So wussten wir also, warum er keine Anstalten machten seine Eintrittskarte am Ticketschalter zu holen. Es war der Köfte-Verkäufer. Er erzählte den umstehenden Fans auch ganz stolz, dass er uns half ins Stadion zu kommen. Wir schlenderten danach noch ein wenig in Bahnhofsnähe durch die Gassen und kehrten in die Kofteci Recebim ein. Was ein Glücksgriff hier. Wir spürten förmlich, wie wichtig es den Bedienungen war, dass wir uns hier wohlfühlten. Der nette ältere Herr, wohl der Inhaber, erklärte uns alles haargenau, und auch der junge Koch übelst nett. Unser Kasap Köfte bzw. Köfte İskender utopisch lecker. Unser Trinkgeld war ihnen gewiss, teşekkür ederiz!
Einen Punkt hatten wir noch auf unserer To-do-Liste. Eine Bosporus-Bootstour. Am letzten Tag vor der Abreise ging es an Bord und wir fuhren von Eminönü fast bis ans Schwarze Meer. Zwei Stunden brauchten wir in eine Richtung. So konnte nochmal viele Spots in Ruhe gesehen werden. Beim obligatorischen çay saßen wir die ganze Zeit draußen auf dem Deck. In Anadolu Kavağı kurz vor der Mündung zum Schwarzem Meer hatten wir in dem kleinen Ort zwei Stunden Aufenthalt. Natürlich ist hier alles auf Touristen wie uns ausgerichtet. Doch das putzige Fischrestaurant mit einem goldigen Opi als Kellner war schon wieder klasse. Beim Koch, welcher den Fisch, am offenen Grill zubereitete, orderte ich mir noch zwei Efes für die Rückfahrt auf dem Boot. Da ich kein Bargeld mehr hatte, durfte die Mademoiselle den Bezahlvorgang übernehmen, was wiederum dem Koch und einen einheimischen Gast belustigte. Mit der untergehenden Sonne kamen wir wieder im historischen Zentrum von Istanbul an. Nach dem letzten Abendessen, ging es über den großen, aber der Uhrzeit geschuldet, leeren Großen Basar ins Apartment die Taschen packen. Mit 1000 Eindrücken im Gepäck konnten wir zufrieden die Heimreise antreten.
Wie ihr lesen durftet beschäftigte mich das Thema Passolig weitaus mehr.
Sei es vor der Reise das Bestellen, während unseres Aufenthaltes die Gedankenspiele, wie macht man es nun am besten mit den Spielen und im Nachgang hätte ich den Quatsch wohl früher bestellen müssen. In verschiedenen Fanzines konnte ich lesen, dass anderen Reisenden die Karte problemlos bzw. problemloser erhielten. Übrigens die ominöse SMS ist beim Tippen dieses Epilogs natürlich noch nicht eingetrudelt. Die angeblichen zwei Monate Wartezeit sind natürlich schon längst rum. Die Türkei hätte es mehr als verdient erneut besucht zu werden. Aber mit diesem Gemache hier. Schwierig. Nur Istanbul ist nicht die Türkei, es gibt in diesem großen Land, noch 1000 besuchenswerte Orte. Napoleon Bonaparte sagten über Istanbul „Wenn die Welt nur aus einem Land bestanden hätte, wäre Istanbul davon die Hauptstadt“ Und damit wurde alles gesagt. (Der Kulturbeauftragte)


Eine neue Ausgabe des "Abhaun!" ist erschienen. Nach 11 Jahren geht die Abhaun-Reihe mit der 6. Ausgabe weiter. Ein Klick auf das Bild bringt euch zu den weiteren Informationen.





Leben am Limit, zwei Kugelschreiber im Stadion

 

bester Mann, unser Helfer für die Papp-Passolig

Kasap- und İskender-Köfte

 

Bosporus-Bootstour

 Kız Kulesi

Galataturm - Galata Kulesi

Große Mecidiye Moschee

Topkapı-Palast

Anadolu Hisarı

hinter der Yavuz-Sultan-Selim-Brücke, beginnt das Schwarze Meer

der kleine Ort Anadolu Kavağı

Yoros Kalesi

Büyük Çamlıca Camii

Kapalı Çarşı - Großer Basar









  • Spiele zwischen diesen beiden Mannschaften bei Kopane.de: 1
  • Anzahl Spiele Pendik Spor Kulübü: 1
  • Anzahl Spiele 1. Männerteam Pendik Spor Kulübü: 1
  • Anzahl Spiele Ayvalıkgücü Belediye SK: 1
  • Anzahl Spiele 1. Männerteam Ayvalıkgücü Belediye SK: 1
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Author: kopane.de


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