Sp(r)itzentour #1
Übern Tellerrand gelesen....

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Rezension zu Sp(r)itzentour
1 Minuten Reading TimeSp(r)itzentour
Was ein Heftname. Ich denke, in anderen Rezensionen wird sich daran selbstredend abgearbeitet werden. Nachdem ich also den Titel las und meine hochgezogenen Augenbrauen wieder runterwanderten, kam mir der Gedanke das wird garantiert etwas Persönliches sein und keine Huldigung von Drogenmissbrauch. Überraschung, ich hatte recht. Eine persönliche Einleitung, mit der Erklärung das Covid doch nicht so harmlos sei, wie viele es gerne darstellen. Auch den Wunsch einmal ein eigenes Heft zu schreiben, konnte ich selbstverständlich nachvollziehen. Das Vorwort machte mich richtig neugierig. Ein guter Ausdruck und eine gewisse humorvolle Art blinzelten sofort durch. Ich musste wirklich lachen als ich die Erklärungen las, dass es durch seine Krankheit keine Suffgeschichten, da Alkoholverbot, gäbe und weiter keine Sexgeschichten zu finden sind, da er treu und ein wenig hässlich sei. Ach Gott, amüsant zu Papier gebracht.
Erster Bericht im Heft, Favoritner AC gegen TSV Hartberg. Soweit so in Ordnung, ein Satz ließ die Augenbrauen erneut kurzzeitig nach oben wandern und letztendlich musste ich doch grinsen. Der Vergleich über die kleine Fanszene, den UltrasFavac welche laut des Sp(r)itzentyp, den Skurrilitäts-Oscar gewinnen würden und welche mit den Anderen europaweit bekannten Gruppen mit dem gleichen Namen ungefähr so viel zu tun haben, wie Ultras Dynamo mit einem multikulturellen Straßenfest, ließ mich kurz stutzen. Hui hui hui die Klischee-Limbostange lag also sofort ziemlich tief. Da kam wohl der Babelsberger Kiezfan durch. Ich dachte nur, na mal gucken, wo die Reise mit der Sp(r)itzentour hingeht. Der Schreiber war laut eigenen Aussagen lange Zeit szeneintern bei Nulldrei unterwegs. Aber ok, da Klischees etwas Feines sind und wir bei kopane selbst in einer Welt der ironischen Vorurteile leben, musste ich, wie kurz angesprochen, grinsen.
Viele Spiele in Berlin im Heft, Pflichtgrounds genannt. So begegneten mir einige schon mal gehörte Vereine aus den Niederungen der Berliner-Fußballlandkarte. Wie der Fußball-Club Hertha 03 Zehlendorf, FC Polonia Berlin, SD Croatia Berlin, Blau-Weiß 90 Berlin oder die Füchse Berlin Reinickendorf.
Es wird das Stadionambiente, die Eintrittspreise, das Catering oder die Geschichte der jeweiligen Clubs aufs Papier gebracht. Kultur ist ebenfalls ein Thema und auf die Sportplatz-Koryphäen hinter dem Gestänge wird auch ausführlich eingegangen. Wichtig, da öfters erwähnt, ist auch, ob die angegebenen Fassungsvermögen der Sportplätze bzw. Stadien der Realität entsprechen. Was mir persönlich so wichtig ist, wie ein Fussball-TV-Abo bei DAZN. Natürlich wird viel Hopper-Vokabular vertextlicht und diese Futbology-App ist ein treuer Begleiter.
Da die Berichte nicht langatmig verfasst wurden, ist man damit relativ zügig durch.
Der Schreiber ist also viel in der Hauptstadt unterwegs und so bietet es sich an etwas über kleinere Fangruppe in Berlin zu verfassen. Fand ich gut. Nur warum man bei 15-jährigen Fans bei Hertha Zehlendorf von Ultras sprechen muss, nur weil diese eine Ultraszaunfahne haben, erschließt sich mir nicht. Aber sei’s drum. Eine Vielzahl an Spielbesuchen werden im Havelland gemacht (Hoppersprech). Irgendwie interessant also Spiele im Havelland, nicht die Hopperfloskel. Ich überlegte beim Lesen, ob ich ein Heft kenne, wo dermaßen viele kleine Sportplätze in dieser Region besucht werden. Also ich kenne keins. Und wenn man seine Fussballreisen in diesen Kreisen unternimmt, lernt man so ulkige Stadionnamen wie Dinnebierarena, Sportplätze am weiten Blick, Sauerkraut-Arena oder Bierbauch-Stadion.
Einige Ausflüge ins Ausland schaffen es aber trotzdem in die Sp(r)itzentour. Bei Malta im Herbst gibt es neben den beiden Spielberichten einige Texte als Ergänzungen. Nichts Großes, nicht wahnsinnig in die Tiefe gehendes, aber wenn man bis hierhin, Seite 23, durchgeschmökert hat, weiß man, dass die Texte zwar eine gewisse Struktur enthalten, aber auch sehr rudimentär daherkommen. Was soll man schon groß bei TSV Chemie Premnitz gegen SV Empor Schenkenberg aufs Papier bringen. Um meine steile These mit Fakten zu füttern, habe ich mich, nachdem lesen nochmal hingesetzt und die über 70 Berichte überflogen und nicht einer geht über zweieinhalb Seiten hinaus. Dies ist mir schon sehr aufgefallen. Bei dem Besuch des Ovals in Belfast, diesen feuchten Traum eines jeden Stadionliebhabers, gefiel mir die absolute und richtig gut wiedergegebene Freude, dieses Stadion besuchen zu können. Ich mag einfach positiv geschriebene Berichte. Gibt genug Mist der einen auf den Zeiger geht und es freut mich beim Lesen eine Begeisterung des Autors oder der Autorin zu spüren.
Dass sich der Sp(r)itzentyp, wie gesagt in der Fanszene von Babelsberg 03 bewegt oder bewegte (?) kommt auch immer wieder durch.
„Kontroverse: Hoppingspiele“
Ok….. schon die Überschrift machte mir zu schaffen. Hoppingspiele. Jaja nennt es wie ihr wollt. Leider wird sich an dem Spiel im altehrwürdigen Ernst-Grube-Stadion zu Riesa abgearbeitet. Wie fange ich am besten an meine Worte zu wählen? Also wenn, in dem Kontext der genannten Überschrift, über die Rückbesinnung von Werten, welche das Hobby Groundhopping prägen sollen (sind die Worte des Autors) philosophiert wird, bin ich überfragt. Ich wusste nicht, dass es da Werte gibt. Jeder Hopper zählt wie er will und jeder denkt, er zählt richtig. In Riesa ist die Authentizität verloren gegangen. Der meckernde Rentner müsse am Rand stehen. In Riesa waren Rentner am Rand, aber sie meckerten nicht, sie freuten sich, noch einmal, ein letztes Mal in diesem Stadion ein Fußballspiel zu sehen. Die Ehrenamtlichen müssten durch die Gegend wuseln. In Riesa waren wahrscheinlich einige Ehrenamtliche am Rumwuseln. An den Getränkeständen, als Ordner, als Kassierer, die Menschen, welche das Ernst-Grube-Stadion hergerichtet haben. Die Vereinsmitglieder des SV Stauchitz haben hier geliefert. Für ihren kleinen Verein. Sie haben hier für ihren Club geackert. Natürlich fällt da monetär etwas ab. Und das ist gut. Kleine Vereine brauchen jeden Cent, damit sie den Spielbetrieb aufrechterhalten können und Überraschungen, die Groundhopper zu ihnen auf die Sportplätze kommen können. Schade, hier wird mit diesem Text so vielen Menschen vor den Kopf gestoßen und der eigentliche Charakter verkannt. Und nur weil man es Event nennt, ist es keines. Ich glaube wir alle wissen, was der Fussball für Events hervorbringen kann. In Riesa habe ich nur Ehrenamt wahrgenommen. Ich empfehle jeden im BFU Nr. 49 den Text -Ein allerletztes Mal.- zu lesen. Dort wird der Tag in Riesa und die viele, viele Arbeit noch einmal beleuchtet.
Als Fazit finde ich die Sp(r)itzentour, schon alleine mit dem Hintergrund des Autors und den kleinen Spielen in Berlin und im Havelland, interessant. Die Ausdrucksweise und die Einstellung zu gewissen Themen sind gut und meinungsstark. Es freut mich, dass er sich seinen Wunsch ein eigenes Fanzines zu schreiben, erfüllen konnte. Nur der Text über „Kontroverse: Hoppingspiele“ traf überhaupt nicht meinen Geschmack. (Der Kulturbeauftragte)
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Datenblatt

Klingt interessant. Kannst du kurz sagen, wie groß der Umfang des „Kleine Fanszenen in Berlin“-Specials ist?
Grüße!
Grüße. Der Kurzüberblick geht über 2,5 Seiten und beinhaltet 7 kleine Fanszenen.
Hallo, hier der Verfasser des Heftes: zunächst einmal danke(!) für die Rezension, natürlich auch und insbesondere für die Kritik, an der ja nicht gespart wurde. Auch wenn es bisher bezüglich der „Hoppingspiele“ lustigerweise fast nur Zuspruch gab, ist die hier geäußerte Perspektive zugegebenermaßen eine, die mir bisher fehlte…meine Intention war es sicher nicht, irgendjemanden vor den Kopf zu stoßen, sorry. Bezüglich der Länge der Texte präferiere ich kurze, knackige Berichte, welche sich in meinem Heft natürlich auch folgerichtig daher ergeben, dass ich meist alleine unterwegs bin und dementsprechend Situationen zwischenmenschlicher Natur, welche mich beispielsweise in euren Berichten dolle zum Schmunzeln bringen, komplett wegfallen. Und ja, Klischees lieben und pflegen wir ja alle:-). Danke für die (immerhin) sechs Schnecken. LG, der S(p)ritzentyp